Samstag, 10. April 2021

Anarchochristen- oder der Krieg aller gegen aller im Namen der Gewissensfreiheit

(einst- vorkonziliar- verurteilte die Kirche die "Gewissensfreiheit"- jetzt gilt sie überall als höchstes Gut- aber mit welchen möglichen Folgen?)

Vor einigen Tagen startete die „Freie Welt“ diese Umfrageaktion: „Müssen wir als freie Menschen Verordnungen, die Unrecht sind und sich gegen unser Gewissen richten, befolgen oder respektieren?“ Über 90 Prozent der Teilnehmer an dieser Umfrage votierten mit: „Nein!“ Ob sie wußten, was sie taten?

Ein Extrembeispiel möge die Problematik dieses Votums veranschaulichen:

Man nehme mal an, daß ich ein fanatischer Muslim wäre und nun erführe, daß wer den Propheten Mohammed beleidigt (kritisiert) habe. Der Beleidiger müsse ob dieses Vergehens zu Tode bestraft werden. Der Deutsche Staat toleriert aber solche Beleidigungen als Akte der Meinungsfreiheit, zudem läßt er die Todesstrafe nicht zu. Das sei eindeutig Unrecht, denn dieser Staat straft nicht ein Vergehen, daß ein Todesurteil verlangt. Das Gewissen dieses Muslims urteilt nun, daß nun er die von Gott verlangte Todesstrafe zu vollziehen habe. Wo der Staat Unrecht als Recht ausgibt und verlangt, daß ein Bürger gegen sein Gewissen zu handeln habe, da braucht dem Staate nicht mehr gehorcht zu werden.

Nähme man diese Umfrage ernst, jeder fanatische Muslim dürfte so einen Kritiker des Propheten enthaupten, da er ja so nur seinem Gewissen folgt.

Nehmen wir nun anderer spektakuläre Fälle, die Mißbräuche in der Katholischen Kirche. Warum sollte nun ein Priester nicht urteilen, daß das Verbot , Sex zu haben ein Unrecht für ihn sei, wo doch sein Gewissen ihm sagt: Das darfst Du. Wenn dann das Objekt seiner Begierde ein minderjähriger Junge ist, dann verbietet auch das staatliche Strafgesetzbuch den Sex, weil es Sex von einem Erwachsenen mit einem Minderjährigen ist, aber der Priester könnte nun urteilen, daß dies Verbot ein Produkt reaktionärer Misanthropen, also ein Unrecht sei, weil es ihm und den Knaben den Sex verbietet . Also „mißbraucht“ er den Knaben, weil das gar kein Mißbrauch sei sondern wechselseitig gewollt war. Eigentlich gibt es gar keine Mißbräuche in der Kirche, dort taten Männer doch nur, was ihnen ihr Gewissen erlaubte und was nur menschenfeindliche reaktionäre Gesetze verbieten.

Ja, wer es bejaht, daß vom Bürger nur die staatlichen Gesetze zu befolgen sind, die nach seinem Ermessen keine ungerechten sind und die nicht seinem Gewissen widersprechen, der vernichtet damit jedes Gemeinschaftsleben, weil so der Krieg aller gegen aller eröffnet wird. Um des Friedens willen muß jeder Bürger der staatlichen Gesetze Gehorsam leisten, auch wenn er subjektiv überzeugt davon ist, daß bestimmte Gesetze nicht gut oder gar Unrecht wären. Wer das reprobiert, will die totale Anarchie, wo allein das Faustrecht, die Gewalt dann bestimmt, was jeder darf und tuen kann. Marquise de Sades Romane liefern uns dazu eine gediegene Anschauung, wie eine solche Gewisensfreiheitsgesellschaft aussehen dürfte- deshalb sehr lesenswert.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen