Zum Opfermythos: Ich bin so betroffen!
Ein Mann, müde von der Arbeit auf dem Felde, setzt sich unter einen Baum um sich auszuruhen, da fällt ihm ein Apfel auf den Kopf, ein großer, schwerer, sodaß es richtig weh tut. Unbezweifelbar ist dieser Landarbeiter nun „betroffen“, ja er hat den Status des „Opfers“ jetzt inne. Das soll, hört man auf das heutige Gerede ein privilegierter Status sein: Auf die Stimme der „Opfer“ ist zu hören, sie seien durch diesen Status qualifiziert, besser als jeder Unbetroffene über das Vorgefallene Gewichtiges zu sagen, ja der Wahrheit eines Vorfalles qua Betroffensein näher zu sein.
Der heruntergefallene Apfel verleitet nun zu vielfältigsten Fragen: Warum fiel er herunter und blieb nicht am Baume hängen, warum fiel er und schwebte nicht wie eine Feder hinab, fallen alle Äpfel, fallen sie vom Baum, herab oder könnten einige auch wie ein Gasluftballon hinaufschweben? Dächten wir weiter, immer mehr Fragen erhebten sich.
Jetzt soll aber nur eine ganz bestimmte Frage ins Aufmerksamkeitszentrum gerückt werden: Kann dieser Landarbeiter, weil ihm dieser Apfel auf seinen Kopf gefallen ist, besser als alle anderen, denen kein Apfel auf ihren Kopf gefallen ist, diese Fragen respondieren? Was sollte den so wahrlich Betroffenen zur Beantwortung dieser Fragen qualifizieren? Sein Kopfweh, sein Erschrecken über diese unerwartete Begegnung mit dem Apfel?
Nun gibt es noch kompliziertere Fälle: Eine Schülerin klagt ihren Klassenlehrer an, er hätte ihr gute Noten für Sex verheißen, der Lehrer dagegen: Die Schülerin bat um ein vertrauliches Gespräch ob ihrer schlechten Noten und kaum saßen sie in dem separierten Sprechzimmer, riß sie sich die Blus entzwei und erklärte: Entweder gute Noten oder ich sage aus, daß sie Sex mit mir wollten für gute Noten. (Ein ähnlicher Fall ist mir so aus einem Rechtsanwaltsbureau erzählt worden.) Wer ist nun in diesem Falle das Opfer,auf wen ist nun besonders zu hören? Ist der Lehrer das Opfer oder das Mädchen? Das Gericht wird hier erst die Entscheidung treffen, weil unklar ist, wer da das Opfer ist.
Ganz anders sieht es aus, wenn in den USA ein Polizist einen Farbigen tötet. Hier ist a priori klar, daß der Täter immer der Polizist und das Opfer immer der Farbige ist. Der antirassistische Rassismus weiß eben ganz genau, daß immer der Weiße der allein verantwortliche Täter ist, der dann auch immer ein Rassist ist. Die amerikanischen Gerichte haben dann nur noch die Aufgabe, diese Vorverurteilung zu bestätigen. (Vgl dazu den sehr guten Artikel: „Der Prozess gegen Derek Chauvin: Hatte Derek Chauvin jemals eine Chance auf einen fairen Prozess?“ der Internetseite: Sezzion am 28.4.2021.
Einen besonderen Tiefpunkt dieses Opfer-Täter-Schematas präsentiert nun die Satzung der Grünalternativen Studenorganisation „Gras“ in Wien. Die „Junge Freiheit“ berichtete darüber am 29.4.2021. Aus der Satzung dieser Musterschüler der Politischen Korrektheit:
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„Auf allen Versammlungen und Veranstaltungen der Partei kann von einer anwesenden FLINT*-Person jederzeit und ohne Begründung ein Safe Space verlangt werden. Wird solch ein Safe Space angemeldet, haben für dessen Dauer alle anwesenden Cis-Männer den Raum zu verlassen.“
Wer sich nun in dieser politisch korrekten Sprache nicht auskennt: „Cis“ sind einfach Männer, die sich auch als Männer ansehen, „FlINT“ Personen sind Lesben, Transgender...aber auch einfache Frauen, die sich als Frauen ansehen.
Männer sind eben immer Täter, besonders wenn sie auch noch sich als Männer bejahen und deshalb dürfen sie aus jeder Veranstaltung dieser Studentenorganisation ausgeschlossen werden, bloß wenn das eine Frau wünscht. Denn die Frau ist im Gegenüber zu Männern immer ein Opfer, das so auch wenn es keinen konkreten Anlaß dafür gibt, sich irgendwie als Opfer zu empfinden, das so ob ihres Opferstatuses den Ausschluß aller Männer verlangen darf.
Solche Schematas stoßen ob ihrer beachtlichen Komplexitätsreduktionsleistung in postmodernen Zeiten auf große Sympathie, machen sie das Leben in so unübersichtlichen Zeiten wie den unserigen doch sehr leicht: Man weiß immer, wo die Bösen und wo die Guten stehen. Sag mir Deine Rasse und Dein Geschlecht und ich sage Dir, was für ein Mensch Du bist, lautet so das neue Glaubensbekenntnis der Gutmenschen. Aber der Komplexität des wirklichen Lebens werden solche Reduktionismen natürlich nicht gerecht.
Ein Blick dazu in die hl. Schrift:
Gott befreite sein erwähltes Volk aus dem Sklavenhaus Ägypten, aber was ist mit den Ägyptern, die Opfer der göttlichen Befreiung geworden sind, die Mutter, die um ihr Kind trauert, den Gottes Engel getötet hat. Ist nun der Exodus des jüdischen Volkes umzuschreiben aus der Perspektive der ägyptischen Opfer? Und wie steht es mit den vielen von Israel Getöteten bei der Einnahme des ihm von Gott zugesagtem Land? Waren das nicht alles Opfer des jüdischen Eroberungswillens. Aber Israel war das von Gott erwählte Volk, Gott hat weder die Ägypter noch die Völker erwählt, die Israel vertilgte, um das Land selbst in Besitz zu nehmen. Hier stünden sich dann die Opfer als die Nichterwählten den Tätern als den Erwählten gegenüber. Gilt nun für den christlichen Leser die Sympathiepflicht für die Opfer, die Eroberten oder für die Eroberer, die Täter, weil sie das von Gott erwählte Volk sind?
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