Wer auf die ökumenischen Einheitsübersetzung angewiesen ist, weil er weder Latein noch Griechisch und schon gar nicht Hebräisch gelernt hat, für uns Katholiken reichte ja schon die lateinische Sprache aus, denn im Zweifelsfalle ist für uns der Vulgatatext verbindlich, der hat, um es mal salopp zu formulieren, schlechte Karten.
Da liest er: „Er lebt!“ Apg 20,10. Paulus hielt eine sehr lange ausgedehnte Predigt, ein Jüngling, nahe dem Fenster gesessen, schlief ein und stürzte dann aus dem 3.Stock in die Tiefe. (Der Verdacht, daß Paulus nicht der aller begabteste Prediger war, bewahrheitet sich bei einer kritischen Lektüre seiner Korintherbriefe, in denen er seine Schwäche im Predigen einräunte, um dann aber in seinen Briefen umso mehr zu glänzen.)Aber als Paulus hinabgestiegen, den am Boden Liegenden inspizierte, stellte er fest: „Er lebt!“.
Aber in der Vulgata, getreulich den griechischen Text wiedergebend lesen wir: „anima enim ipsius in ipso est“= denn seine Seele ist in ihm. Kann wirklich die Aussage: „Er lebt“ als eine Übersetzungsmöglichkeit von „anima enim ipsius in ipso est“ angesehen werden? Nein, denn das Todes- und Lebensverständnis, das dieser lateinische Satz zum Ausdruck bringt, geht in dieser Pseudoübersetzung völlig verloren! Der Mensch lebt, wenn und insofern seine Seele in ihm ist und er ist tot, wenn seine Seele nicht mehr in ihm ist.
Diese Vorstellung verlangt nun einen Kontext, durch den erst diese Aussage verständlich wird: Woher kommt der menschliche Körper, woher die Seele, sodaß gilt, daß nur wenn die Seele in dem menschlichen Körper weilt, der Mensch lebt. Was wird aus der Seele, wenn sie den Körper verläßt? Dies ist die Grundfrage der ganzen christlichen Seelsorge als die Sorge um die Seele, nicht wie es heutigen Tages verstanden wird, als die Sorgen, die der Seele Probleme bereiten.
Seit den Tagen der sogenannten dialektischen Theologie des deutschen Protestantismus gilt die Vorstellung der Seele des Menschen als etwas Fremdkörperhaftes, das leider in die Kirche eingedrungen und von daher auch wieder heraus zu purifizieren sei. Das protestantische Argument dafür lautet, daß die Vorstellung einer natürlichen der menschlichen Seele zukommenden Unsterblichkeit (vgl Platon) der Gnadenhaftigkeit des ewigen Lebens als reine Gnadengabe Gottes widerspräche.
Auf Grund dieser theologischen Meinung sollte nun der Begriff der Seele möglichst aus der Bibel exkommuniziert werden. „Seele“ meine doch im Hebräischen wie im Griechischen nur das menschliche Leben. Diese Vorstellung läßt sich dann leicht synchronisieren mit einem modernen rein materialistischen Menschenverständnis, daß die „Seele“ nur ein Epiphänomen des Gehirnes sei, der als Gehirn organisierten Materie. Der Mensch sei so nur ein Naturprodukt, der Endlichkeit wie jedes andere Naturwesen unterworfen. So könne der Mensch dann „natürlich“ sterben, ganz im Einklang mit seiner und der ganzen Natur oder un- bzw widernatürlich, daß er etwa umgebracht würde. Daraus resultiert dann die Aufgabe der Humanisierung des Todes, daß jeder Mensch seinen natürlichen Tod sterbe und nicht einen widernatürlich gewaltsamen.
Stand so anfänglich die Idee der Betonung des rein gnadenhaften Charakters des ewigen Lebens im Vordergrund dieser protestantischen Vorstellung, so endet diese Vorstellung oft in der Verheißung des natürlichen Todes, daß so der Mensch mit seiner Endlichkeit versöhnt sterben könne, da sein Tod das für ihn gemäße, weil natürliche Ende sei. Dahinter verbirgt sich das Axiom, daß das Natürliche das Gute sei, wohingegen das Nichtnatürliche dann als das Ungute zu qualifizieren sei.
Das diese materialistisch-biologistische Vorstellung nicht die der hl. Schrift ist, ist offenkundig. Jesus hätte nie zum reuigen Mitgekreuzigten sagen können: „Heute noch wirst Du im Paradiese sein“,wenn er nicht den Tod als die Trennung der Seele von seinem Körper verstünde, sodaß von dem toten Körper prädiziert werden kann, daß er begraben liegt und dort zerfällt, während von der menschlichen Seele prädiziert werden kann, daß sie losgelöst vom Körper im Paradiese ewig leben kann. Die alttestamentliche Vorstellung von der Unterwelt, sehr ähnlich der griechischen Vorstellung vom Hades ist ebenfalls inkompatibel mit dieser modernen materialistisch-biologistischen Vorstellung vom Menschen.
So zeigt sich, daß diese Pseudoübersetzung: „Er lebt“ eben nicht nur einfach eine Fehlübersetzung ist, sondern theologisch intendiert ist, hier das christliche Menschenverständnis auszustreichen, um so einen Platz zu erschaffen für dies modern materialistische Menschenverständnis. Wie alle Produkte der Ökomene so ist auch die ökomenische Einheitsübersetzung nur mit größter Vorsicht zu genießen.
Es sei nur an die bekannteste Falschübersetzung erinnert: Selig, die keine Gewalt anwenden“ (Mt 5,5) statt: „die Sanftmütigen“. Mose gilt als der Sanftmütigste und von ihm wird erzählt, daß er einen ägyptischen Aufseher getötet hatte. Aber diese Übersetzung kokettierte eben mit der pazifistisch gesonnenen Friedens-bewegung und wollte so diese Bewegung selig sprechen.
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