Da diese Frage meist nur noch mit allseits bekannten Phrasen beantwortet wird: Ihr Tun müsse mit ihrem Reden übereinstimmen, sie müsse genau das sagen, was man von ihr hören möchte, sie müsse mehr jesuanisch, das meint in der Regel undogmatisch, untheologisch nur lieb zu allen sein, soll hier mal ein anderer Ansatz gewagt werden, einer, der seine Begründung im praktischen Leben hat.
Gesetzt den Fall, ein Autobesitzer stellt fest, daß sein PKW irgendwie nicht rund läuft, sodaß er es zu einer Autowerkstatt bringt. Der dortige KFZ-Meister kommt ihm entgegen, gut gekleidet in einem weißen Anzug, goldener Armbanduhr, lackierten Fingernägeln, in einem Worte: Ein Mann gepflegter Erscheinung. Wer würde dem sein defektes Auto anvertrauen? Wirkt dieser Meister nicht unqualifiziert für eine Autoreperatur. Ganz anders, träte dem Kunden einer in Arbeitsmontur, öligen Händen und nach Öl Riechender entgegen- dem sieht man seine Fachkompetenz sofort an, daß er am liebsten unter Autos liegend da sie repariert.
Wenn ich in eine Restauration gehe zum ersten male und mich frage, ob hier die Speisen wohl richtig schmecken, am liebsten bäte ich, den Koch des Hauses zu sehen: Sieht der dann wie ein gemästeter Bleistift aus, bekäme ich ernsthafte Zweifel an der Qualität der dortigen Menüs.
Es gibt einfach kulturell bedingt bestimmte Vorstellungen, wie ein guter Autoreparateur und ein guter Koch aussieht. Entspricht nun jemand dieser Vorstellung, erweckt er erstmal das Vertrauen, daß der seinen Beruf kann. Erstaunlicherweise werden nun in diesen 2 Fällen Eigenschaften als positiv gewertet, die allgemein nicht als positiv angesehen werden: Ein von seiner Arbeit Verschmutzter oder ein beleibter Koch, dem sofort seine Freude an gutem Essen und Trinken angesehen wird, obzwar eine Übergewichtigkeit im Regelfall als unästhetisch beurteilt wird.
Nicht ist es in diesen Fällen so, daß erst eine Person in ihrer Berufstätigkeit wahrgenommen und daraufhin als vertrauens-würdig beurteilt wird. Es geht ja darum, daß Personen vertrauenswürdig wirken, damit Menschen auf sie zugehen, um dann Bestimmtes von ihnen erwarten, daß sie eben ihren Beruf gut ausüben können. Umgekehrt: Wer weiß, daß dieser Mann ein guter Koch ist, der kann und braucht ihm nicht mehr zu vertrauen, denn er weiß, daß der gut ist. So kann eine Ehefrau nicht mehr zu ihrem Mann sagen, daß sie ihm vertraue, daß er sie nicht während der Kur betrogen habe, wenn sie ihn 24 Stunden am Tage und in der Nacht von einer Detektei überwachen ließ. Ein Vertrauenkönnen setzt so einen Mangel an Erkenntnis von dem voraus, auf den so nur vertraut werden kann.
Wie müßte also eine Kirche erscheinen, damit sie als vertrauenswürdig erscheint. So schwer diese Frage auch zu respondieren ist, eines ist klar, daß es nicht allgemeingültige Kriterien dafür gibt, wie man Vertrauen erwecken kann sondern es muß gefragt werden, wie die Kirche zu erscheinen habe, damit man ihre religiösen Kompetenz zutraut- wie ja auch der Koch Vertrauen in seine Kochkunst hervorrufen sollte, damit viele bei ihm speisen.
Welches Erscheinen vermittelt so also den Eindruck religiöser Kompetenz? Hierauf soll nun zur Irritation des Lesers statt einer tiefgründigen Antwort bewußt eine oberflächliche gegeben werden, geht es doch um den Anschein religiöser Kompetenz und damit stehen wir im Bereich des Ästhetischen. Die simple Antwort lautet: Uniformen vermitteln Kompetenz! Steht ein Tourist auf dem Münchner Marienplatz und findet trotz entfalteter Stadtkarte nicht den Weg zum Hochbräuhaus, wen frägt er in dem Meer der über den Marienplatz Flanierenden? Natürlich einen der Polizisten und der weiß den Weg, weil die dortige Polizisten danach so häufig gefragt werden. Warum werden sie gefragt? Weil ihnen diese Kompetenz zuvertraut wird, nicht als eine individuelle sondern als eine, die eben jedem in München Diensttuenden zuerkannt wird.
Es hat so einen guten Grund, daß die Kleiderordnung für Priester vorsieht, daß sie stets so gekleidet sein sollen, daß sie als Priester in der Öffentlichkeit erkennbar sind und es erstaunt nicht, daß in der Folge des 2.Vaticanumes mit seiner Tendenz zur Ver-weltlichung der Kirche viele Priester außerhalb der Kirche sich so zivil kleiden, daß sie nicht mehr als Priester erkennbar sind. Erscheint aber ein Priester in Soutane, selbst in einer Großstadt wie München treten dann Menschen an ihn heran, um spezifisch Priesterliches zu erbitten, etwa Mütter mit dem Wunsch, der Priester möge doch ihr Kind segnen. Die so bittende Mutter wird wohl kaum den so gefragten Priester kennen, aber bloß seine getragene Soutane vermittelt: Hier ist wer mit religiöser Kompetenz. Nun wird wohl auch die Art seines Gehens, die Körpersprache auch noch eine Rolle spielen, aber zuvörderst ist es diese religiöse Uniform. Uniformen vermitteln den Eindruck einer spezifischen Fachkompetenz- denn wer früge einen Priester mit einer Soutane bekleidet nach dem Weg zum Münchner Hofbräuhaus? Abstrakter formuliert: Religiöse Kompetenz impliziert eben auch, in anderen Bereichen nicht kompetent zu sein! Welche Frau, die ihr kaputtes Auto einem richtig kompetent ausschauenden KFZ-Meister anvertraut, möchte mit dem auch am Abend schön essen gehen und welche Frau verliebt sich in einen sehr übergewichtigen Mann, wenn ihr seine Speisen auch noch so gut munden! Einfach gesagt: Priester sollten, um im Religiösen kompetent erscheinen, in weltlichen Dingen etwas inkompetent wirken. Deshalb sei die wirklich ernst gemeinte Frage gestellt: Was für weltliche Tätigkeiten kann wohl ein in einer Soutane Bekleideter ausüben, ohne daß ihn dabei diese Bekleidung irgendwie behindert.
Vielleicht sollte, bevor ganz tiefgründige Programme und Konzepte zur Steigerung oder gar zur Wiedergewinnung des verloren gegangenen Vertrauens in die Kirche entwickelt werden, ganz einfach mit der Kleidung angefangen werden, daß eben eine der Eindruck einer spezifischen Berufsqualität leicht durch eine berufsspezifische Uniformierung evoziert wird. Polizisten vertraut man, weil sie ihre Uniform tragen, Kriminalpolizisten dagegen müssen erst ihren Dienstausweis zeigen, um Vertrauen zu erwecken!
Nebenbemerkung:
Unser Kaiser Wilhelm II war eben auch so populär, da er stets in Uniform sich zeigte.
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