Montag, 2. August 2021

Theologie im Geiste Mozarts- Papst Benedikt- fehlt ihr etwas Wesentliches? Ein Kritikversuch

So wurde vor kurzem auf Kath de in dem Beitrag: „Der Vorrang der schöpferischen Vernunft“ (30.7.2021) die mozartsche Theologie Papst Benedikts skizziert: „Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: Glaube und Wissenschaft. Die große Option des Christentums ist die Option für die Rationalität und den Vorrang der Vernunft.“

Zweierlei ist damit ausgesagt: Einerseits sei die Wirklichkeit eine rationale, vernünftige und andererseits sei sie durch vernünftiges Denken als solche erkennbar. Der Grund ist Gott als vollkommene Vernunft, der einerseits die vernünftige Ordnung der Wirklichkeit erschuf und der andererseits dem Menschen die Befähigung zum vernünftigen Denken gab und gibt, sodaß für dies Denken die Wirklichkeit in ihrer ihr eigenen Vernünftigkeit erkennbar wird. Das verschafft der Theologie dieses großen Theologen diesen mozartschen Grundton der Harmonie. (Karl Barth schrieb einmal in seinem Brief an Mozart, daß es seiner Musik gelänge, die Wahrheit der Schöpfung und der Wirklichkeit so zum Ausdruck zu bringen, wie es keinem theologischen Denken möglich wäre.)

Dürfen trotzdem Bedenken geäußert werden? So wunderschön auch die mozartsche Musik klingt,ist in der Musik der „Neuen Deutschen Härte“, etwa der Musikgruppe Rammstein mehr wirkliches, reales Leben als in der Mozarts,liest man auch noch so gerne mal einen Rosamunde Pilcher Roman, erscheinen uns doch die Werke von H.P. Lovecraft viel realistischer, obzwar sie doch vom Genre des Horrorromanes her für einen Irrationalismus sprechen?

In dem Beitrag wird tatsächlich das Problem des Bösen in der Wirklichkeit angesprochen, aber dies real Böse scheint die Vernünftigkeit der Wirklichkeit als von uns erkennbare nicht in Frage zu stellen. Darf der Verdacht geäußert werden, daß erst durch unseren apollinischen Blick die vernünftige Welt uns entsteht, wie Paglia in den „Masken der Sexualität“ mutmaßt?

Ein paar theologische Thesen dazu:

A)Gott mußte die Welt nicht schaffen und er mußte sie nicht so schaffen, wie sie ist. Er hätte sie auch ganz anders schaffen können. So kann nicht die Wirklichkeit, so wie sie ist, aus der göttlichen Vernunft her rekonstruiert werden. Dem Wirklichen haftet ein Mangel an Sein an, weil es eben nur ein kontingentes und somit nicht notwendiges Sein ist. Die Objekte des vernünftigen Denkens sind aber die notwendig so Seienden.

(Darum ist der Status der Geschichtswissenschaften etwa umstritten, da in ihr nur kontingent sich ereignen habende Ereignisse als Materie dieser Wissenschaft vorhanden sind. So ist dann auch verstehbar, warum im Gefolge von L. Althusser Karl Marx als der Gründer der Geschichtswissenschaft gefeiert wird als der, der in der Kontingenz der Geschichtsereignisse die Gesetzmäßigkeit erfaßte, die Struktur der Geschichte.)



B)Durch den Fall der Engel und dem darauf sich ereignenden Fall des ersten Menschen kommt in die von Gott geschaffene Wirklichkeit etwas Irrationales, was nicht einfach als ein Moment der vernünftigen Wirklichkeit mehr begriffen werden kann. Das Böse ist ja nicht ein Mangel an Sein, sondern die Gestalten des Teufels und seiner Daimonen sind erfüllt von überschäumender Vitalität. Der hl. Augustin lehrt uns, daß die Menschheitsgeschichte im Kern das Kampfgeschehen des Reich Gottes mit dem Reich Satans ist:Dieser Kampf ist nun selbst kein in sich vernünftiger, denn wie sollte der Kampf Satans wider Gott etwas Vernünftiges sein?

(Ist es nicht bezeichnend, daß als eine Reaktion auf das aufklärerische Programm der Vernunft, alles sei vernünftig und sei vernünftig gestaltbar, die Romantik die Nachtseiten der Lebenswirklichkeit thematisierten; es sei zur Veranschaulichung an den genialen Roman E.T.A. Hoffmanns, Die Elixiere des Teufels erinnert oder an den Klassiker: „Dracula“. Rücken solche Kunstwerke nicht genau das wieder in das Zentrum unserer Aufmerksamkeit, das in den Werken Rosamunde Pilchers und der schönen harmonischen Musik ausgegrenzt werden muß, um uns eine schöne Kunstwelt zu erschaffen? )



C)Gott ist der Schöpfer und Erhalter der ganzen Wirklichkeit. Er erschuf und erhält eine vernünftig geordnete Welt, aber eine, in die sich das Irrationale und Böse eingenistet hat. Gott ist aber nun nicht als ein Gefangener seiner von ihm selbst gesetzten Ordnung zu denken. Als potentia absoluta steht er auch souverän der Ordnung gegenüber und kann sie jederzeit überall auch durchbrechen. Gott kann Tote zu einem neuen Leben auferwecken, Wasser in Blut verwandeln, Machttaten und Wunder wirken, in denen die natürlich-vernünftige Ordnung außer Kraft gesetzt wird. Auch die christliche Religion verdankt sich mehr der Erfahrung solcher Ereignisse des Wirkens der göttlichen Allmacht in unserer Lebenswirklichkeit als der Betrachtung der Welt als wohlgeordnetem schönen Kosmos (Kosmos-Kosmetik), daß aus der Schönheit der Welt auf ihren Schöpfer geschlossen wurde.

Aber Gottes allmächtiges Wirken in der Lebenswirklichkeit, daß etwa Maria ihren Sohn gebar und doch eine Jungfrau blieb, auch und gerade im biologischen Sinne, demonstriert doch, daß die Gesamtwirklichkeit nicht einfach die vernünftige Ordnung ist. Man könnte meinen, daß so wie es zwischen der Zahl 1 und der Zahl 2 unendlich viele Dezimalzahlen gibt, 1,1und 1,2 aber auch 1,115, aber auch Zahlen, die nicht als Dezimalzahlen ausschreibbar sind, wie etwa Ein Drittel, so es auch in unter und zwischen der vernünftig geordneten Welt das Irrationale gibt, irrationale Ereignisse, die das vernünftige Denken gern eskamotieren möchte, die aber doch als Nachtseite der Wirklichkeit zu ihr gehören als das ganz Andere der Vernunft.

Dies ganz Andere der Vernunft fehlt dann einer Theologie im Geiste Mozarts, sie finden wir eher vielleicht in den Werken R.Wagners oder in der Musik der „Neuen Deutschen Härte“ und in den Werken des so begnadeten Schriftstellers Lovecraft. (Dem bekannteren Stephen King fehlt die literarische Qualität als daß er so überzeugen könnte.)

 

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