Freitag, 13. August 2021

Kritische Anmerkungen zur kreativen Produktivität im Urchristentum und der Alten Kirche: Alles Falschmeldungen?



Der Starphilosoph R.D.Precht merkt en passant an, angesichts der Klage eines katholischen Bischofes über die inflationär häufig auftretenden Falschmeldungen, daß die Kirche doch seit 2000 Jahren Falschmeldungen verkünde, die Aussagen der christlichen Religion seien eben bar jeglichen Wahrheitsgehaltes. Das uns Christen jetzt aber irritieren Müssende ist nun aber, daß die historisch-kritische Erforschung der Bibel in den theologischen Fakultäten dieser Polemik in Vielem recht gibt!

Wer ist dieser Jesus von Nazareth?, auf diese Frage suchte man im Urchristentum nach Ostern Antworten. Jesus könne doch nicht hinreichend erkannt werden, wenn über seine Familie, in der er aufwuchs, nichts wüsse. Wie kamen nun der Evangelist Lukas zu seinen Kenntnissen der Kindheit Jesu? 2 mögliche Antworten: a) er erfand diese Kindheitsgeschichten selbst, oder b) er fand sie schon vor als Tradition, die er dann nur noch redaktionell überarbeitete. Aber ein Konsens besteht darin, daß diese Kindheitsgeschichten höchster Wahrscheinlichkeit nach reine Phantasieprodukte des Urchristentumes seien. Wenn dann gar noch das spätere Protoevangelium des Jakobus uns die Namen der Eltern Mariae, ihr Alter, als sie ihren Sohn gebar und vieles aus dem Leben Mariae zu berichten weiß, dann gilt das alles als Produkt urchristlicher Legendenbildung.

Man wußte nichts Zuverlässiges über die Familiengeschichte Jesu und so erfand man sie. Auch muß aus Sicht des nachösterlichen Urchristentumes das über Jesu Wirken und Lehren Bekannte als zu dürftig erschienen sein!So urteilen die meisten Exegeten, daß alle Jesu nachösterlich zugeschriebenen Wunder reine Phantasieprodukte seien, denn Jesus hätte nie als ein Mensch wirkliche Wunder wirken können, sie seien aber erdichtet worden, um den Glauben an Jesus als einem Außergewöhnlichen Ausdruck zu verleihen. Aber diese Wundergeschichten haben keinerlei Realgehalt, es sei denn es wären Ereignisse, die sich rein weltimmanent erklären ließen.

Das Urchristentum habe so ein ganzes Meer von Falschmeldungen produziert. Selbst unsere heutige Presse müßte über diese Kreativität und über den laxen Umgang mit der Wahrheit staunen, wenn das so sich verhielte. Dabei blieb es dann aber nicht: In den Heiligenlegenden tobte sdann diese der christlichen Religion eigene Kreativität sich noch mehr aus, sodaß in der Regel gesagt werden muß, daß von den Heiligen, auf deren Fürsprache wir vertrauen,wir nichts oder fast nichts historisch Zuverlässiges wüßten.

Der Grund dieser befremdlichen „Erkenntnisse“ ist einfach der methodische Atheismus der historisch-kritischen Forschung, daß nur rein weltimmanent erklärbare Ereignisse als reale der Geschichte gelten könnten und daß alle anderen dann als fromme Legenden zu dysqualifizieren seien, da sie ohne jede Wirklichkeit seien. Denn „wirklich“ sei nur das rein Weltimmanente.

Veranschaulichen wir uns dies Phänomen einmal an der „Legende“ vom leeren Grab. Viele Exegeten behaupten nun, daß die Tradition des „leeren Grabes“, Paulus noch völlig unbekannt, später erst entstanden sei als eine Legitmierungserzählung für den Glauben an die Auferstehung Jesu von den Toten.Es wird nun erzählt, daß es Personen gegeben hätten, die wußten, wo Jesus begraben worden war und daß dann dies bekannte Grab leer vorgefunden worden war. Das evoziert doch nun die Frage, ob denn die Christen das Grab Jesu nicht vorzeigen könnten, damit überprüft werden könne, daß es wirklich leer sei. Könnten sie es nicht vorzeigen, da sei es, würde die ganze Erzählung von dem Auffinden des leeren Grabes hinfällig: Wie kann es sein, daß die Christen jetzt den Ort des Grabes nicht mehr kennen, wenn doch einige von ihnen am Grabe Jesu waren, das sie dann leer vorfanden? Wenn aber in dem Grabe Jesu dessen Knochen auffindbar gewesen wären, vielleicht gar noch mehr als nur seine Knochen, wäre die Verkündigung von Jesu leiblicher Auferstehung erledigt gewesen. Ein volles Grab widerlegte diese Verkündigung.

Warum gingen die Kritiker der christlichen Religion nicht so vor, wie es doch sehr nahe gelegen hätte, wenn die historisch-kritische These des rein legendarischen Charakters des „leeren Grabes“ zuträfe? Stattdessen bestätigen die jüdischen Kritiker die Behauptung vom leeren Grabe Jesu, nur deuten sie diese Leerheit ganz anders: Jesu Schüler hätten den Leichnam ihres Lehrers entwendet aus dem Grabe, um seine leibliche Auferstehung verkündigen zu können. Spricht das nicht eher dafür, daß unbestritten Jesu Grab leer war, das wäre überprüfbar gewesen, weil die Jerusalemer Christen noch wußten, wo er bestattet worden war, daß dann aber die Deutung dieses Faktums umstritten war.

Das finden wir auch in der jüdischen Kritik an den Wunderwerken Jesu! Die Kritiker bestreiten nicht das Geschehen dieser Wunder, sondern sie urteilen, daß Jesus sie in Kraft des Satans gewirkt habe. Der Talmud, die zweitwichtigste Quelle der jüdischen Religion forciert dann diese Kritik noch, indem ausgesagt wird, daß Jesus sich in Ägypten schwarzmagisch ausbilden gelassen habe, um dann so Juden zu einem falschen Glauben zu verführen. Hätte die historische Kritik recht, wäre es jüdischen Kritikern nicht ein Leichtes gewesen, nachzuweisen, daß dort, wo Jesus angeblich Wunder gewirkt haben soll, nichts dergleichen bekannt sei. Knapp 40 Jahre nach Jesu Tod lagen ja sehr wahrscheinlich schon Jesu Wundergeschichten vor und dann müßten Christen erklären können, wie es möglich sei, daß jetzt an den Orten der geschehenen Wunder niemand sich mehr an sie erinnern könne- denn wenn sie wirklich frei erfunden worden wären, können es ja gar keine Erinnerungen an sie irgendwo geben. Warum forschten jüdische Kritiker nicht und kamen zu dem Ergebnis: Aller erphantasiert? Warum bejahten sie stattdessen das Geschehensein dieser Wunder und verlegten sich dann auf eine theologische Kritik der Wunder: Jesus habe sie als Magier gewirkt? Diese Kritik ist ja im Kontext des Urchristenumes eine recht plausible, denn selbstverständlich traute man auch dem Antigott eine Wundermacht zu.

So liegt es nahe, die großen „Erkenntnisse“ der historischen Kritik der Bibel dem dogmatisch gesetztem Axiom, daß es keine Wunder geben kann, sich verdanken, einem Axiom, das nicht selbst ein Resultat historischen Forschens ist, sondern eine Prämisse des Forschens, die als solche auch durch die wissenschaftliche Forschung nicht bewiesen wird, weil sie einfach präsumiert wird. Und so führt diese Präsumption zur Erdichtung eines äußerst kreativen und phantasiereichen Urchristentumes, das einen Vergleich mit keiner heutigen Werbefirma an dichterischer Freiheit scheuen bräuchte: Alles nur Falschmeldungen!



Zusatz

Man mache es sich auch nicht zu leicht mit der Verurteilung abergläubischer Vorstellungen und von volksfrömmiger Praktiken, denn auch hier triumphieren mehr die Vorurteile der Aufklärung als daß hier wirklich vorurteilsfrei geforscht worden wäre.





 

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