Freitag, 2. Dezember 2022
„In der Liebe und im Kriege ist alles erlaubt“
„In der Liebe und im Kriege ist alles erlaubt“
Dieses Sprichwort, leicht variiert findet sich auch in dem Roman: H.G.Ewers; Der Oxtorner und der Admiral, Perry Rhodan, Bd 1221, S.48: „In der Liebe und im Krieg sind alle Waffen erlaubt“. Die Antwort fällt klar und eindeutig aus: „Das zeugt von Verwahrlosung der Moral“. Spontan fälllt dazu das berühmte Diktum Dostojewskis ein, daß, wenn es keinen Gott gibt, alles erlaubt sei. Gott ist demnach die einzige Autorität, die bestimmen kann, was erlaubt und was nicht erlaubt sei.
Dies evoziert dann den plausiblen Einwand, daß doch der Staat definiere, was erlaubt und was nicht erlaubt sei, wohingegen Religionsgemeinschaften zwar für ihre Gläubigen im Namen Gottes lehren können, was für sie erlaubt oder nicht erlaubt sei, daß diese Bestimmung dann aber nur für ihre Gläubigen verbindlich sei. Nur was der Staat so bestimme, habe eine Geltung für alle Staatsbürger.
Nun könnte erwidert werden, daß dies Sprichwort sich nicht auf das Rechtliche bezöge sondern meint, daß moralisch alles in der Liebe wie im Kriege erlaubt sei. So wäre die Lüge: „Ich habe Dich nicht betrogen“ eines Ehemannes zu seiner Frau keine Straftat, aber wäre eine unmoralische Handlung. Das Sprichwort könnte dann bedeuten, daß diese Lüge dem Ehemann erlaubt sei, um so seine Ehe zu retten mit der Frau, die er immer noch liebt, die er aber betrog, indem er ein Bordell aufsuchte. Dann wäre dies eine popularisierte Version des Grundsatzes:Der Zweck heiligt die Mittel. Auch an sich unmoralische Handlungen könnten so moralisch legitimiert werden. Man verurteile diese Moralkonzeption nicht vorschnell: Kant urteilt tatsächlich, daß auch dann nicht gelogen werden darf, wenn ein Mörder den Ehemann frägt: „Ich Ihre Frau in dem Keller?“, weil er sie da ermorden will. Er müsse dann: „Ja“ antworten, auch wenn sie dann da ermordet werden wird. Wer da erwidert: „Das sei ferne! Selbstverständlich darf hier um der Liebe zur Frau gelogen werden!“, praktiziert so den Grundsatz: Der Zweck heiligt hier die Lüge.
Aber darf denn dann wirklich Alles erlaubt werden, wenn es aus oder um der Liebe getan wird? König David ließ den Ehemann der Frau töten, die er liebte und die er dann auch ehelichte. Gottes Urteil ist eindeutig: David sündigte so sehr schwer. In den Augen Gottes hat er so gesündigt und auch verstieß er mit dieser Tat gegen das geltende Gesetz des Staates, dem auch er als König zu gehorchen hat. Er steht eben nicht über dem Gesetz. Nur, könnten wir nun in das Innere des Königs schauen, als er diese Ermordung anordnete: Hat er nicht da sich gesagt: „Um der Liebe willen, ist auch dieser Mord erlaubt“? Seine rein subjektive Moral erlaubte ihm so diese Untat.Er hätte aber auf das Gesetz Gottes: Du darfst nicht morden!, und auf die staatlichen Gesetze hören müssen, die auch dem König diese Tat verbieten.
So hätten wir es hier mit einem Konflikt zwischen der rein subjektivistischen Moral, daß mir als Liebender um der Liebe willen Alles erlaubt sei, und den Geboten Gottes und den staatlichen Gesetzen zu tuen. Das Pathos des je eigenen Gewissens als letzter Instanz für das mir Erlaubte und Nichterlaubte findet so für den religiösen Menschen im Gebot Gott Gottes und für jeden Bürger im Gesetz des Staates seine Grenze.
Drei Größen können hier also in einen Konflikt geraten: die rein subjektivistische Moral, das Gesetz Gottes und die Gesetze des Staates. „In der Liebe ist alles erlaubt“ ist so die Quintessenz einer rein subjektivistischen Moral, die, wenn sie unlimitiert praktiziert würde, jede Gesellschaft in Chaos und Anarchie auflösen würde. So stimmt das Urteil, daß dies eine verwahrloste Moral ist. Kann nun aber diese subjektivistische Moral in Gänze beseitigt werden, daß es nur noch das objektive positive Recht und Gesetz gibt als wirklich Verbindliches für alle Bürger? Das ist kaum vorstellbar, weil so die Individualität des Menschen einfach negiert würde. Die Individualität muß begrenzt werden um des Friedens in einer Gesellschaft, aber ein limitierter Spielraum dieses Subjektivismus ist doch anzuerkennen. Dürfte vielleicht doch ein Ehemann einen Seitensprung leugnen, um seine Ehe zu retten?
Viel komplexer ist nun die Frage, was denn im Kriege alles erlaubt sei und was nicht. Mit Machiavelli ist diese Frage leicht respondierbar: Alles, was dem Siege nützt, ist erlaubt! Nur zu verlieren sei eine Sünde. Das Sprichwort meint bezüglich des Krieges genau dies. Aber das provoziert eben auch das Urteil, daß das eine verwahrloste Moral sei. So ist etwa der Atombombenabwurf auf Japan nicht legitimierbar durch die These,daß dadurch die USA den Krieg endgültig gewonnen habe oder ihn verkürzen konnte. So darf nicht alles im Kriege erlaubt sein, aber das heißt auch, daß in einem legitimen Krieg die üblichen Kriegshandlungen erlaubt sind. Hier gilt die Lehre vom gerechten Krieg; das Problem dabei ist aber nur: Wie ist ein bestimmter Krieg zu beurteilen, ist er wirklich gerecht? In der praktischen Politik wir dies aber einfach durch die Geschichtsschreibung der Sieger reguliert: Immer nur die Kriegsverlierer waren die Kriegsverbrecher! Es könnte sein, daß Gott ganz anders urteilt. Aber auch hier darf man die subjektivistische Moral nicht gänzlich als etwas per se Illegitimes verurteilen. Der Staatsmann, der zu nicht rechtfertigbaren Mitteln greift, um sein Volk vor einer militärischen Niederlage zu bewahren, handelt doch moralisch, rein subjektivistisch. So läßt König Salomon auf das Anraten des Königs David potentielle Aufrührer gegen sein Königtum töten, um das Volk vor einem Bürgerkrieg um den Thron zu bewahren- und doch kann man dieses Kapitel der jüdischen Geschichte doch nur mit Grauen lesen. (1. Könige 2) Das den Leser irritierende ist ja dabei, daß gerade der weise und so fromme König Salomon der Auftraggeber dieser politischen Morde ist. Agierte er hier nicht nach dem Prinzip: Im Kampf gegen Aufrührer ist um des Friedens willen selbst das Morden erlaubt?
Resümierend muß so konstatiert werden, daß dies Sprichwort uns mehr Probleme bereitet als zu erwarten wäre, auch wenn der Reaktion: Das ist eine verwahrloste Moral, zuzustimmen ist.
ZUsatz:
Als Problem ist festzuhalten, daß wie im Protestantismus so jetzt auch in der Katholischen Kirche isb in Deutschland eine Überbetonung der subjektivitischen Moral vernehmbar ist.
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