Dienstag, 13. Dezember 2022

Zur Klage: Immer weniger kommen zum Gottesdienst

Zur Klage: Immer weniger kommen zum Gottesdienst Eine kleine historische Erinnerung aus den Zeiten der Reformation, die ja im Kern erstmal eine radicale Liturgiereform mit sich brachte: die Pfarrer waren keine Priester mehr sondern sollten Gemeindelehrer sein,das belehrende Wort in der Gestalt der Predigt bildete nun das Zentrum der neuen Gottesdienstordnung, das Abendmahl wurde nur noch selten gefeiert,lutherisch einmal im Monat, reformiert viermal im Jahr, denn die Predigt reüssierte zu dem Heilsvermittelungsgeschehen und verdrängte so die Bedeutung der Sakramente, von denen sowieso nur 2 die Reformation übrigließ. Zudem wurden alle Sakramentalien abgeschafft, das Weihwasser,aber auch das Sichkreuzigen und das Niederknieen und alle sonstigen religiösen Praxen, wie etwa das Beten von Litaneien, Kreuzwegen. Was übrig blieb war streng genommen eine Belehrungsveranstaltung für die Gemeinde mit einer musikalischen Rahmung. Wenn so der Primärzweck des Gottesdienstes die Belehrung ist, avanciert die Frage, wie viele kommen denn zum Gottesdienst, zur Zentralfrage, denn wozu nützt ein so gearteter Gottesdienst, wenn kein oder nur ganz wenige Schüler, also zu belehrende Christen kämen. Calvin trat dann ein Bauer entgegen, so wird es wenigstens kolportiert: „Wozu soll ich denn noch zum Gottesdienst kommen, da ich doch schon hinreichend belehrt bin, was ich zu glauben habe und wie ich zu leben habe?“ (Welcher Autofahrer ginge nach seiner bestandenen Führerscheinprüfung weiterhin zu den Fahr-schulstunden? Er wird nun viel fahren, um ein guter Autofahrer zu werden, aber er braucht doch keine Theorieunterrichtseinheiten mehr!) Kaum, daß die reformatorische Liturgiereform umgesetzt war, wollten die Evangelischen nicht mehr zur Kirche gehen. Calvin fand diese „Lösung“: Wer nicht kam, wurde bestraft! Melanchthons 2 Ständelehre der Kirche, der von dem lehrenden und von dem zu belehrenden Stand bringt dabei aufs Eindrücklichste das reformatorische Gottesdienstverständnis auf den Punkt, aber in ihm war auch schon dieser bäuerische Einwand präfiguriert: Die neue evangelische Lehre habe ich verstanden, wozu sollte ich dann noch weiterhin zum Gottesdienst gehen? Und so sieht es auch heute noch in den evangelischen Kirchen aus: Dem Lehrvortrag folgen nur sehr wenige. Denn subjektiv sind die Allermeisten davon überzeugt, keiner christlichen Unterweisung mehr zu bedürfen, weil man hinreichend Bescheid wüsse. Als Christ glaubt man irgendwie an Gott, orientiert sich an Jesus (vielleicht) und bemüht sich, (bürgerlich)anständig zu leben, isb spendet man für wohltätige Zwecke. Die Katholische Kirche reformierte nach dem 2.Vaticanum auch ihre Liturgie und das hieß, man ähnelte sich dem evangelischen Gottesverständnis an. So teilen heute Katholiken die genuin reformatorische Ansicht, daß ein Gottesdienst ohne Gottesdienstbesucher ein sinnloses Unterfangen sei, da ja diese Veranstaltung primär eine für die Besucher des Gottesdienstes sei.Luther verteufelte so Messen, die allein vom Priester gelesen wurden als „Winkelmessen“, da sie ja Niemandem nützten, da kein zu Belehrender daran teilnahm. Das wäre wie ein Unterricht ohne einen einzigen Schüler. Im religiösen und somit auch im katholischen Verständnis dagegen ist der Gottesdienst primär ein Akt der kultischen Verehrung Gottes, ein ihm Dienen! Nutzen bringt er aber so auch den Menschen,auch wenn sie nicht an der hl. Messe teilnehmen, indem für sie das Meßopfer zu ihren Gunsten vom Priester dargebracht wird. Aber man hat sich schon in der Kirche zu verprotestantisiert, daß nun auch hier die Zahl der Gottesdienstbesucher zum Wichtigsten eines Gottesdienstes wurde. Die Qualität einer Messe ist so die Anziehungskraft von ihr: Wie viele lockt sie zum Herkommen? Wenn aber nun die Substanz des Gottesdienstes die Belehrung ist, wie es die Reformatoren praktizierten, kann es dann noch verwundern, wenn nur noch wenige kommen? 2 gewichtige Gründe sprechen dann gegen einen Gottesdienstbesuch: Jeder kann sich über Fragen des Glaubens viel leichter und auch qualitätsvoller informieren oder belehren lassen durch die Vielzahl der Medienangebote, vom Buch, über Texte im Internet bis zu Vorträgen im Netz und noch gravierender: Wozu soll denn ein verbessertes Wissen in religiösen Dingen nützlich sein? Es reicht doch, irgendwie an einen Gott zu glauben und bürgerlich anständig zu leben! Wo kein Bedarf, kein Interesse an religiösen Fragen existiert, wer geht dann noch zu einer Belehrungsveranstaltung? Die Verpädagogisierung der Messe nach dem Konzil, daß sie wie im Protestantismus primär der Belehrung zu dienen habe, erwirkte so den besten Grund, nicht mehr zu kommen: Ich weiß doch schon hinreichend genug Bescheid! Wenn dann noch verkündet wird, daß Gott bedingungslos sein Ja zu jedem Menschen spricht, daß es also selbst ihm gleichgültig ist, ob wir uns um Glaubenserkenntnisse bemühen oder er uns gleichgültig ist, dann gibt es wirklich keinen Grund mehr, zum Gottesdienst zu kommen! Corollarium Wenn der Gottesdienst nur noch belehren will, aber die Lehre gleichzeitig für das Heil des Menschen gleichgültig sein soll, und alles andere vom Weihwasser bis zur Eucharistie nur noch daran erinnern soll, daß Gott jeden Menschen bedingungslos liebe, wozu sollte dann noch ein so Glaubender zur Messe gehen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen