Freitag, 16. Dezember 2022

Liberale sind auch nicht mehr das, was sie mal waren – hat sich so auch der katholische Liberalismus geändert?

Liberale sind auch nicht mehr das, was sie mal waren – hat sich so auch der katholische Liberalismus geändert? Eine beachtenswerte Analyse des Wandels der Ideologie des Liberalismus präsentiert A. Dugin in seinem Anhang seines Buches: „Das grosse Erwachen gegen den Great Reset.“ Unterschieden wird zwischen dem alten Liberalismus 1.0 und dem neuen 2.0. Der alte war der sich im Kampfe wider die Ideologie des Kommunismus und Nationalsozialismus profilierende Liberalismus mit seiner Zentrierung auf den Einzelnen mit seinen Freiheitsrechten versus jede totalitäre Ideologie.Seit seinem Sieg 1990 über die konkurrierenden Ideologien steht der Liberalismus vor der Situation, die einzige Ideologie zu sein. Dugin formuliert das so: „Die Einsamkeit des Liberalismus,welcher seine beiden ideologischen Hauptfeinde (wie Carl Schmitt durch die Betonung der Wichtigkeit der Freund/Feind-Unterscheidung für die eigentliche Definition der politischen und ideologischen Identität lehrt) verloren hat, die ein wichtiges Element der Selbstbestätigung des Liberalismus darstellten. Simpler formuliert: Der Liberalismus ist nur durch seine Antithese zu den totalitären Ideologien. Was wird aus ihm ohne seine Feinde? Der Liberalismus mutierte so, indem er sich neue Feinde erschuf: Rußland und China. In diesen beiden erkenne der Liberalismus einen Synthesenversuch von nationalistischer und der kommunistischen Ideologie. Eine antiwestlich ausgerichtete Ideologie und Politik sei dann das Spezifische dieser Feindländer. Eine ähnliche Synthese erblicke er in den populistischer Strömungen in Europa, in denen sich rechter und linke Momente synthetisierten. Aber den eigentlichen Feind sähe nun der neue Liberalismus in sich selbst als den traditionellen, der nun zu überwinden sei! „Postmoderne Autoren“ (S.82) verbänden linke Ansätze mit liberalen: „Die Postmoderne ist also als eine Art gemeinsamer Grundlage für Ex-Kommunisten etabliert worden, um immer mehr und mehr liberal zu werden (individualistisch, hedonistisch usw.) und für die Linksliberalen, um die avantgardistische Epistemologie der radikalen Denker zu übernehmen, die extreme Theorien und Praktiken der Befreiung propagieren – von Regeln, Normen, stabiler Identitäten,Hierarchien,Grenzen usw.“ (S.82) Das sei das Fundament des Liberalismus 2.0. So überwinde dieser neue Liberalismus den alten in sich selbst. Das könnte soziologischer gedacht auch als die Entbürgerlichung des Liberalismus bezeichnet werden, in dem nun der soziale Träger des Liberalismus in der Postmoderne selbst nicht mehr das einstige Bildungsbürgertum ist. Die Markenzeichen des jetzigen Liberalismus, des 2.0 sind so: Schwulenparaden, die Schwarzes Leben zählt Bewegung, der Feminismus, der Posthumanismus und die Homosex/Schwulen- Genderbewegung. (S. 80) Das seien alles mit dem traditionellen Liberalismus inkompatible Strömungen mit einer klaren Ansage an den jeweiligen Feind,den man m.E am Besten mit der bürgerlichen Kultur bezeichnen kann, die selbst wiederum im alten Liberalismus sich fundierte. Der neue Liberalismus wäre somit einer, der das, was der traditionelle hervorgebracht hatte, jetzt nun selbst dekonstruiert in einem antibürgerlichen Gestus. Dies Phänomen läßt sich nun m.E leichter aus der Weiterentwickeluung des Kapitalismus als aus der inneren Entwickelung der liberalen Ideologie erklären, daß eben die bürgerliche Kultur mit ihren Zentren in der Familie und im Nationalstaat selbst zu einem Hindernis des sich globalisierenden Kapitalismus wird. Aber doch ist auch Dugins These recht zu geben, daß jede Ideologie nur eine ist in ihrem Gegensatz zu einer oder mehrerer anderer. So arbeitet sich in der Postmoderne der neue Liberalismus an seinen alten Grundlagen ab, indem er in sich radical linke Theorieelemente in sich aufnimmt, etwa den Feminismus und den „Antifaschismus“ und die Genderideologie, die das Fundament bürgerlichen Lebens, das der Familie mit ihren geschlechtsspezifischen Rollenzuweisungen negiert. Stand der alte Liberalismus noch für eine tolerante Einstellung Andersdenkenden gegenüber, einer Skepsis letzter Wahrheiten gegenüber, weiß der jetzige, genau, was wahr und unwahr ist und wo der einzige Feind steht, den es zu bekämpfen gälte. Der Kampf gegen Rechts, in Deutschland geradezu zum heiligen Kreuzugskrieg hochstillisiert könnte so als ein guter Beleg für Dugins These vom Wandel des Liberalismus herangezogen werden, daß es hier wirklich nicht mehr liberal zugeht. Wie dieser Wandel des Liberalismus den innerkirchlichen Liberalismus als die Oppositionsbewegung zur Lehre der Kirche modifiziert, das zeigt nun ein jeder Blick in die jetzige innerkirchliche Reformdebatte, daß all die Themen des Liberalismus 2.0 die dieser Reformer ist. Die neue Liberalität zeigt sich mustergültig in diesem Fall: Eim katholischer Internatsleiter bekommt eine offizielle Abmahnung, weil er sich ein Buch des AfD-Politikers signieren ließ. Zudem muß er jetzt eine "Auszeit" nehmen, weil ihm das falsche Buch wohl gefiel. Das offiziöse Internetportal Kath de jubelt: Vorwärts im Kampfe gegen jeden, der nicht politisch korrekt denkt! A.Dugin benennt das Individuum als das Zentrum der liberalen Ideologie. Es gälte, den Menschen aus allen sozialen Bindungen zu emanzipieren, von jeder kollektiven Identität zu befreien. (S.93) Wenn aber die Gesellschaft so atomisiert worden ist, wie kann sie dann wieder Bindungskräfte entwickeln, sodaß aus ihr wieder eine Einheit wird? Der Liberalismus 2.0 konzipiert dazu den inneren Feind, durch den dann die Atomisierten wieder eine Einheit werden. Eine Fußballmannschaft ist erstmal nur eine Anzahl von Individuen aber durch die Konfrontation mit der gegnerischen Mannschaft wird sie zu einer Mannschaft, zu etwas mit sich Identischen durch die Negation der anderen Mannschaft: Das sind wir nicht. Tritt der Gegner ab vom Spielfeld atomisiert sich auch die Mannschaft wieder: Sie ist nur in ihrer Relation zu den anderen.

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