Mittwoch, 14. Dezember 2022
„Diktatur des Relativismus“ - Papst Benedikt. Ein Annäherungsversuch
„Diktatur des Relativismus“ - Papst Benedikt. Ein Annäherungsversuch
Oft sucht man und findet das Gesuchte nicht, aber wenn man findet, obgleich man nicht gesucht hat, das ist dann ein Glücksfall. So fand ich:
„Unwillkürlich dachte Rhodan an die alten indischen Mystiker,die ebenfalls behauptet hatten,daß die Welt, wie man sie mit den Sinnesorganen wahrnahm,nicht die wahre Welt sei. Daß ein Schleier die reale Natur der Dinge verhüllte und der Mensch sich mit einem Trugbild abgab,das sich als sinnlich erfaßbare Welt manifestiere.Rhodan wußte,daß sich hinter diesem mystischen Konzept der maya – des Schleiers vor der wahren Realität – eine tiefe Wahrheit verbarg. Die Sinnesorgane lieferten nur ein gefiltertes Abbild des Seins, und dieses Abbild wurde zudem noch von den individuellen Erfahrungen und Vorurteilen zensiert.Jeder Mensch sah die Welt auf seine eigene Weise, und jeder lebte in einem subjektiven Universum, das sich von dem seines Nachbarn in bestimmten Details unterschied.“
Thomas Ziegler, Rückkehr in den Frostrubin, Perry Rhodan Band 1224, S.16
Jeder Mensch lebe in seinem eigenen subjektiven Universum. Das ist sicher die radicalste Version des Relativismus. Versucht werden soll nun eine Rekonstruktion dieses absoluten Relativismus. Das Sein soll erkannt werden. Die Sinnesorgane bringen aber nur ein verzehrtes Abbild des Seins hervor. Die menschlichen Sinnesorgane vermenschlichen so das Sein zu einem vermenschlichten.Dies durch die Vermenschlichung verzehrte Bild wird nun noch individualisiert durch die je eigene Subjektivität, etwa der individuellen Erfahrung und der persönlichen Vorurteile.
Ein Bruch fällt nun dem aufmerksamen Leser auf: Anfänglich wurde von der sinnlich erfaßbaren Welt geschrieben, der die wahre Realität gegenübergestellt wurde, jetzt von dem Sein, das nicht adäquat wahrgenommen wird. Was ist nun das Abbild des Seins? Die sinnlich erfaßbare Welt oder das Zerrbild von dem Sein, das der Mensch produziert und dann noch als ein individuiertes ?
Ich interpretiere das in systematischer Perspektive so: Die wahre Realität= das Sein, das Abbild der wahren Realität = die unseren Sinnen zugängliche Wirklichkeit als des Abbildes der wahren Realität und das menschlich und dann noch individuierte Abbild ist das Abbild des Abbildes der wahren Realität. Der Schleier wäre dann das was zwischen der wahren Realität und der unseren Sinnen zugänglichen Erscheinungswelt stünde und ein direktes Erkennen der Wahrheit behindert, zumal ja auch die Erscheinungswelt nicht adäquat von uns wahrgenommen wird. Das Erkenntnisobjekt ist aber die tiefe Wahrheit, die so einer zweifachen Verbergung unterliegt, die durch die Erscheinungswelt und die durch die versubjektivierte Wahrnehmung dieser Erscheinungswelt.
Genau aus dieser Doppelverbergung resultiert dann, daß jeder in seinem ihm eigenen Universum lebt. Dann müßte hier das Universum eine Deutung des Ganzen meinen, in der die wahre Realität, die Erscheinungswelt und die subjektive Rezeption zusammengedacht werden in ihrer inneren Relation zueinander. Dies subjektivierte Universum meint dann etwa nicht, daß wenn einer einen Baum wahrnimmt, der andere etwas anderes als einen Baum wahrnimmt. Das würde ja eine jegliche intersubjektive Verständigung verunmöglichen. Aber doch gibt es hier auf dieser Mikroebene schon Differenzen: Ein Waldarbeiter kann in dem Baum einen zu fällenden sehen, weil er schon abgestorben ist, wohingegen ein Landschaftsmaler ein Modell für ein zu malendes Landschaftsbild wahrnimmt.Aber das individuierte Universum, es gilt, diesen Begriff hier ernst zu nehmen, meint ein Begreifen oder Deuten des Ganzen, soaß dann jedes Einzelne als ein Teil des Ganzen, des Universums, der Totalität begriffen wird.
Zur Veranschaulichung: Wer nur im Fernseher sieht, wie ein Stürmer einen Ball an dem Torwart vorbei ins Tor schießt, und nicht das Regelsystem des Fußballes kennt, kann nicht begreifen, daß dies ein „verwandelter Elfmeter“ ist, noch wird er begreifen was dann die Anzeige: Eins zu Null bedeutet. Nur die Kenntnis des Ganzen, des Regelsystems dieses Spieles und des bisherigen Spielverlaufes ermöglicht ein Begreifen des Gesehenen.Das Ganze wäre dann bezogen auf Rhodans Reflexion die Einheit von der wahren Realität, dem Abbild der wahren Realität in der Erscheinungswelt und der subjektiven Rezeption im eigenen Bild von dem Ganzen. Die Erkenntnis des Ganzen müßte dabei selbst noch die innere Differenziertheit in das Reale, das Abbild und in das subjektive Abbild des Abbildes in sich enthalten.
Über dies Ganze existieren nun gerade in postmodernen Zeiten nur noch rein subjektive Vorstellungen, die zwar noch mit Geltungsansprüchen versehen, vertreten werden können, aber um eines friedlichen Miteinanders sollte jede Vorstellung vom Ganzen nur noch als eine rein subjektive Meinung gelten dürfen. In einem demokratisch strukturierten Diskurs kann dann aber die Mehrheitsmeinung als die verbindliche Wahrheit deklariert werden, aber sie ist keine objektive Wahrheit. Das dürfte der Kern des absolutistischen Relativismus sein.
Zusatz:
Unter der "Diktatur des Relativismus" kann aber auch etwas ganz anderes verstanden werden, daß eine neue Werte- und Moralordnung die alte, noch bestehende destruiereen will, um so den Raum für die neue zu schaffen, der Relativismus wäre dann ein Gift zur Zerstörung der alten Ordnung.
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