Freitag, 23. Dezember 2022
Weihnachten ohne den Weihnachtsmann - christlich geboten?
Weihnachten ohne den Weihnachtsmann – christlich geboten?
In Zeiten der Laxheit, in der selbst die Christen meinen, daß alles erlaubt sein müsse, was gefalle, nur daß in der Kirche noch so altmodisch reaktionäre Verbote gepredigt würden, findet eine rigoristische Verbotsmoral auch immer unter den Gläubigen ihre Verfechter. Im Zentrum des Weihnachtsfestes habe der Mensch gewordene Gott, Jesus Christus in der Krippe zu stehen und somit nicht der neoheidnische Weihnachtsmann, den ja sowieso nur „Coca Cola“ nur zu Konsumzwecken erfunden habe. Ergo dürfe es unter dem Weihnachtsbaum für die Kleinen, schon gar nicht für die Großen die allseits beliebten Schokoladenweihnachtsmänner geben und schon gar keine Erwähnung des Weihnachtsmannes, der den Kindern ihre Weihnachtsgeschenke brächte.
Das klingt doch fromm christlich: Dem Schokoladenzeitalter entsagen Ja zum Kinde in der Krippe, der doch so armselig zur Welt kam: Wie unpassend verhielten sich denn dazu die Süßigkeitenberge unter dem Weihnachtsbaum! Und wieso überhaupt einen Weihnachtsbaum, gar einen reichlich dekorierten?
Eine kleine Ausschweifung zu einem so gearteten Weihnachtsrigorismus: Der in der Kirche aufgebaute Weihnachtsbaum, nur die Hälfte aller Kerzen brannten in der Hl.Nacht, die anderen blieben ausgestellt. „So viele Menschen gerade auch in Afrika hungern jetzt, während wir hier im reichen Deutschland im Überfluß leben! Wie dürften wir uns da freuen zu Weihnachten, angesichts der hungernden Kinder in Afrika. Solange nur ein Kind Afrikas leidet, darf kein Christ sich freuen! Die nicht angezündeten Kerzen mahnen uns: Wie kannst Du Dich freuen, wenn so viele Mitchristen leiden! So predigte wort- und tongewaltig ein evangelischer Prediger in der Hl. Nacht. Dieser Prediger hätte sicher auch mit Begeisterung alle Weihnachtsmänner aus dem Fenster geworfen um der Reinheit des Weihnachtsfestes willen- und wehe, ein Kind freute sich!
Nur, wenn wir nun nachdenken, verbirgt sich hinter der Parole: Jesus statt Weihnachtsmann!, nicht auch so ein reformatorischer Rigorismus: Jesus Christus allein, deshalb keine Marienverehrung, keine Schutzengel, keine Heiligen...
Wenn es nun mal die Tradition des Weihnachtsmannes gibt, die auch nicht „Coca Cola“ kreiert hat, sondern nur ihr die bis heute geläufige Gestalt gab, die aber so kindgemäß gestaltet wurde, daß die Firma dafür wirklich ein Lob verdient hat, könnte man, statt zu raisonieren und zu quengeln, nicht daraus etwas Gutchritliches machen?
Eines der größten Probleme der Vermittelung der Gehalte der christlichen Religion ist nun eindeutig der Immantismus, daß die Welt ein in sich Abgeschlossenes ist, in dem alles, was in ihr existiert und sich ereignet, aus dieser Welt heraus weltimmanent also erklärbar ist, weil nichts Externes gibt, das in dies in sich verschlossene Universum irgendwie einwirken könnte. Alles ist Welt und profan säkular. Die Religion lebt aber von der Voraussetzung, daß mitten in der Welt Außerweltliches in ihr einwirkt und daß diese Einwirkungen für unser Leben von höchster Bedeutung ist. Werden diese Einwirkungen personalistisch vorgestellt, daß es da übernatürliche Subjekte gibt, die da einwirken und daß wir Menschen mit ihnen kommunizieren können, daß wir auf sie und sie auf uns hören können, haben wir die Fundamente jeder Religion vor unseren Augen. Bei einer nichtpersonalistischen Sichtweise dieser übernatürlichen Einwirkungen erscheinen uns diese Einwirkungen als Auswirkungen übernatürlicher Kräfte, die dann magisch beschworen werden können. Der gemeinsame Grund der magischen wie der religiösen Praxis ist die Wahrnehmung Überirdischem in der Wirklichkeit als für des Menschen äußerst Relevantem. Wo ein personalitisch gedachtes Subjekt als der Urheber solcher Einwirkungen vorgestellt wird, generiert sich die religiöse Praxis als eine Kommunikationspraxis mit diesen Einwirkern: die Praxis des Opferkultes und des Gebetes.
Wofür steht nun der Weihnachtsmann? Daß das Kind seine Geschenke von „Oben“, vom „Himmel“ herab bekommt durch den Weihnachtsmann, der mit einem Himmelsschlitten die Geschenke zu den Kindern herabbringt. Diesem Weihnachtsmann kann das Kind gar seine Weihnachtswünsche mitteilen und der erhört sie dann gar! Dieser Vorstellungskomplex durchbricht so in einer kindgemäßen Sprache den Immantismus, daß alles in der Welt nur weltlich ist. Die Weihnachtsmanngestalt kann dann religionspädagogisch gedeutet werden als ein Symbol dafür, daß wir von „Oben“, vom „Himmel“ beschenkt werden. Das dualistische Weltenschema von „Oben“ und „Unten“, von dem „Himmel“ und der „Erde“ liegt dem zugrunde. Gerade dies Schema ermöglicht ja die Vorstellung eines Einwirkens von „Oben“ in die Welt „unten“ und ist philosophisch gut fundiert im Platonismus.
Den Weihnachtmann kann das Kind bitten: „Bitte, schenke mir von „Oben“, woher Du dann kommen wirst zu mir...“ Kann so nicht ein Kind kindlich beten lernen? Wo der Mensch sich aber eingemauert in den Immantismus sieht, da kann er nicht mehr beten, da kann es für ihn keine Hilfe mehr von „Oben“, aus dem „Jenseits“ geben. (Vgl dazu einmal den wunderbar gut geschriebenen Roman: „Hilfe aus dem Totenreich“ von Mary Cotten!)
Im heutigen Religionsunterricht werden ganz andere Symbole als das des Weihnachtsmannes präferiert: etwa das Brot für die Einführung in die Eucharistie. Aber mit diesem Symbol bleibt der RU im Immantismus stecken, weil kein Weg gefunden wird zum Aufstieg vom irdischen Brot zum Himmelsbrot. Wie schnell verkommt dann die Eucharistie zum bloßen Appell: Brot für die Welt, daß jeder sich satt essen müssen dürfe! Vielleicht könnte so der vom Himmel zu den Kindern herabkommende und sie beschenkende Weihnachtsmann ein gutes Symbol für die christliche Religion sein, in der wir wie die Kinder werden sollen, um das Himmelreich zu empfangen.
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