Freitag, 5. Oktober 2018

Sexualisierte Gewalt? Ein verschleiernder Begriff

"Sexualisierte Gewalt und sexualisierter Machtmissbrauch sind Begriffe, die „sexuelle Gewalt“ gemäß feministischem Verständnis nicht als Ausleben sexueller Bedürfnisse deuten, sondern als Ausübung von Macht interpretieren. Sie werden Handlungen mit geschlechtlichem Bezug ohne Einwilligung beziehungsweise Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen und insbesondere Delikten wie zum Beispiel sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und sexuellem Mißbrauch von Kindern übergeordnet. Sexualisierte Gewalt wird dabei der physischen Gewalt (zum Beispiel Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen) und der psychischen Gewalt nebengeordnet."     

So Liest sich das auf "Wikipedia". Stellen wir dazu einmal Fragen! Warum wird auch in kirchichen Stellungnahmen zu den Mißbräuchsfällen von "sexualisierter Gewalt" gesprochen? Warum wird hier einfach ein feministischer Begriff benutzt? Camilla Paglias Werk: "Die Masken der Sexualität,1990 publiziert, 1992 in Deutschland erschienen. Im ersten Kapitel: "Sexualität und Gewalt oder: Natur und Kunst" steht geschrieben: "Der Vergewaltiger ist nicht Produkt schlechter sozialer Einflüsse, sondern mangelhafter sozialer Konditionierung." (S.13). Paglia setzt sich dabei mit der rousseauschen Vorstellung auseinander, daß der von Natur aus gute Mensch erst durch die Gesellschaft zum Negativen hin korrumpiert worden ist. Die Milieutherapie, die in diesem Menschenbild sich fundiert, "geht von der Annahme aus, daß Aggression, Gewalt und Verbrechen Folge sozialer Deklassierungen seien".(S,12). Die patriachalistische Kultur bringe so erst die Vergewaltigung hervor, den Mann als Täter und die Frau als Opfer. 

Aber dies Menschenbild verkenne die Natur des Menschen, daß von Natur aus Aggression, Gewalt und Sexualität zusammengehören: Die natürliche Sexualität ist gewaltsam. Die Vergewaltigung des weiblichen Tieres ist eben eine unter höher entwickelten Säugetieren vorkommende Praxis des Geschlechtsverkehres, daß das männliche Tier gewaltsam den Geschlechtsverkehr vollzieht. Strittig ist nur, ob dies tierische Verhalten als Vergewaltigung zu bezeichnen ist,  weil Tiere nicht moralisch verantwortlich sind für ihr Tuen, der Begriff der Vergewaltigung aber ein moralisches Verurteilen inkludiert! Erst durch die Kultivierung wird die menschlich natürliche Sexualität domestiziert- aber diese Domestikation ist nur eine Fessel des Natürlichen, aus der nicht nur der Mann gerne sich befreit. Zu recht verweist Paglia auf Marquise de Sade als Kritiker des rousseauischen Menschenbildes: Der Mensch, der sich befreit von der Kultur und wieder natürlich wird, das ist der Tätertyp sadistischer Sexualität. In etwas weichgespülter Form findet sich eine Verherrlichung gewaltsamer Sexualität in der Erfolgstriologie: "Shades of Gry", von einer Frau geschrieben: E.L.James. 

Worum geht es also? Es ist ein ideologischer Kampf, in dem dem rausseauische Menschenbild zum Siege verholfen werden soll. Denn der Feminismus setzt ja selbst auch auf dieses Bild. Daß es gewaltsam ausgelebte Sexualität von Natur aus gäbe,soll somit negiert werden: Gewaltsame Sexualität sei eben ein Produkt von Gesesellschaften, die durch Machtverhältnisse bestimmt seien. Aber diese Machtverhältnisse seien nun auch nichts Natürliches, sondern durch sie konstituieren sich erst widernatürliche Gesellschaftsformationen, patriachalistische, deren Substanz die Unterdrückung der Frau durch den Mann bilde. Ausgeblendet wird so der natürliche Hintergrund dieser männlichen Sexualitätspraxis der Vergewaltigung, daß in ihr der Mann sich sexuell befriedigen will. Nun könnte dem widersprochen werden durch die These, daß Sexualität gelebt auf dem Fundament wechselseitiger Liebe liebevoll gewaltfrei doch auch dem Manne und der Frau sowieso weit mehr an sexueller Befriedigung bringen müßte. 

Das klingt sehr einleuchtend. Aber warum wird dann gerade diese Art der Sexualität, partnerschaftlich,hierarchiefrei und völlig gewaltlos nicht nur in dieser Triologie von Frau James als "Blümchensex" abgewertet, ja als unbefriedigend gar für die Frau abgelehnt? Wird etwa die domestizierte Gestalt der gelebten Sexualität auch von Frauen als zu wenig leidenschaftlich, zu wenig exstatisch empfunden? Hiermit bewegen wir uns aber auf einem sehr gefährlichen Gebiet, denn es gilt hier die Moralvorschrift, daß gewaltsame undomestizierte Sexualtät nur etwas von Männern Gewünschtes sei, wohingegen die Frauen hier nur reines Opfer sind.  Zudem könne dieser Gedanke zu einer Legitimierung der Vergewaltigung führen und auch deshalb dürfe das so nicht gedacht werden. 

Eines ist aber einleuchtend: Wer allein in der Kultur den Grund für Vergewaltigungen sieht, der wird gerade der patriachalistischen Kultur den Kampf ansagen. Das Verhängnisvolle dabei ist aber, daß eine Emanzipation von der ach so schrecklich repressiven sexualfeindlichen abendländischen Kultur. die als solche durch und durch patriachalistisch geprägt ist, nur den Mann renatualisieren wird, sodaß "sexualisierte Gewalt" noch viel häufiger als jetzt schon sich ereignen wird, weil gerade so der Mann natürlich sich sexuell befriedigt. Es ist ja kein Zufall, daß die männlichen Täter in de Sades Romanen Machtmenschen sind , die sich ob ihrer Macht aus der herrschenden Kultur emanzipieren können, um nur noch ihre Begierden auszuleben. Dem Machtlosen ist das vewehrt, er wird kontrolliert selbst und gerade auch in seiner Art, seine Begierden zu leben, nur der Unkontrollierte kann alles, was er will. Das ist Marquise de Sade Idealbild von wirklicher Freiheit, daß nur der Despot wirklich frei ist, indem er sich von der Kultur befreit und rein natürlich wieder lebt. Das ist Paglias Verdienst, de Sade als Kritiker von Rousseau zu lesen, der dann so in seinen Romanen den wahren Naturzustand beschreibt, wenn der Mensch, sich von der Moral des christlichen Abendlandes befreit, wieder natürlich leben kann.  

Rousseau lehnt die christliche Erbsündenlehre ab. Damit bringt Paglia das Zentralanliegen dieses Philosophen auf den Punkt. Ja, Rousseau erfaßt eben, daß solange der Mensch christlich gesehen wird, es immer eine Kultur verlangt, die der Domestikation des Menschen dient. Das heißt, daß immer eine repressive von Nöten ist. Die wollte nun aber dieser Philosoph aufklärerisch negieren,um zum Reiche der Freiheit vorzudringen. Damit eine freie Gesellschaftsordnung möglich sein kann,muß der Mensch von Natur aus zum Guten geneigt sein, sodaß er in einer guten Umwelt auch wieder gut leben würde. Der erste große Befreiungsversuch war so die Französische Revolution, in der Menschen frei lebten: Diese Freiheit "führte nicht ins Paradies, sondern in die Hölle der Schreckensherrschaft", kommentiert Paglia!(S.13) 

Das Resümee: Wenn von "sexualisierter Gewalt" gesprochen wird, wird das Wesentliche verkannt, daß in solchen Praktiken der natürliche Mensch, der sich von seiner humanen und ihn domestizierenden Kultur emanzipierende sich zurückmeldet. Der Begriff der Domestikation zeigt dabei zudem an, warum es zu solchen Kulturüberwindungen kommt: Jede Domestikation ist immer auch eine Devitalisierung des Lebens um des Friedens der Menschen untereinander. Die Triologie "Shades of Grey" ist eben so erfolgreich, weil sie den domestizierten und so devitalisierten Menschen auf seine gefährliche Sehnsucht nach einem wilden vitalistischen Leben hin anspricht. Harmlos äußert sich das in dem verklärten Bild des romantisch verklärten Seeräubers, des Räubers Robin Hood bis zur nicht mehr ungefährlichen klammheimlichen Sympathie für die "heiligen Krieger" des Islamischen Staates und im erotischen Bereich in der Glorifizierung gewaltsamer Sexualität, wie es E.L. James so erfolgreich zu Papier brachte. 

Und das Folgen: Je mehr die Sexualität aus ihrer kulturellen Domestikation befreit wird, desto gewalttätiger wird sie wieder. Aber die Entkultivierung fordert gerade der Feminismus in seinem Irrglauben an das Menschenbild Rousseaus.   

        

 

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