1961 schrieb Arnold Gehlen in seinem Essay: "Über kulturelle Kristallisation" : "Jetzt aber will ich mich der Erklärung zuwenden, warum keine weltanschaulichen Angebote mehr entstehen"(zitiert nach: Kulturphilosophie, Hrsg: Ralf Konersmann, 1999, S.227)warum die Philosophie am Ende ist. (S.227). Die Zentralthese lautet, daß jeder Versuch der Realisierung der Ideen der großen Philosophen und der Weltanschauungen blutig ausginge: "Zuerst hat sich gezeigt, daß die Realisierung von Ideen, also die Zurechtbiegung der Wirklichkeit derart, daß sie der Reinheit der Idee ähnelt, stets ein Vorhaben ist, bei dem es blutig zugeht. Die Wirklichkeit fügt sich nicht dem Ideal, das sich deswegen an ihr rächt", (S.227)sodaß der Terror der Kampf der Ideen gegen die resistente Wirkliche ist. Nach zwei blutigen Weltkriegen sei es unvorstellbar geworden, "daß neue Ideensysteme mit demselben weltgestaltenden Anspruch, mit dem vor hundert Jahren der Marxismus oder vor achtzig Jahren noch Nietzsche auftraten, überhaupt gehört werden könnten." (S.228)
In diesem Votum manifestiert sich das Credo der Postmoderne, daß eben die Philosophie, die großen Erzählungen der Emanzipation des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit, so Lyotard in: "Postmodernes Wissen" ihr Ende gefunden haben; die Moderne habe sich erschöpft, sei kristallisiert, sodaß wir posthistorisch leben. Letzters versteht unter Geschichte die Geschichte der Menschheit als eines einheitlichen auf ein gutes Ende hinlaufenden Prozeßes, sodaß nun das Ende dieses Glaubens an die Geschichte eingetreten ist.
Bei Gerhard Szczesny, "Das sogenannte Gute - Vom Unvermögen der Ideologen" stellt sich die Lage dann schon wieder anders da: Er kämpft 1971 gegen die "Neue Linke" mit dem Argument, daß jeder Versuch der Verbesserung, Ideale, das Gute zu realisieren, immer nur im Terror gegen die Wirklichkeit endet. Er muß konstatieren, daß sich in der "Neuen Linken" der Marxismus revitalisierte und seit 1968 zumindest das inneruniversitäre Klima bis circa 1989 in seinen verschiedenartigsten Variationen dominierte. So schnell kann also ein conservativer Denker, Arnold Gehlen widerlegt werden, so jetzt zu urteilen, wäre aber verfrüht.
Ganz trivial soll nun begonnen werden, indem wir einem Künstler ein wenig bei der Arbeit zuschauen. Vor sich hat er ein Stück Holz, in ihm ist eine Idee, ein bestimmtes Bild einer Mutter Gottes Figur und nun beginnt er, das Holz zu bearbeiten, um es nach dem ihm vorschwebenden Bilde zu formen. Das Material leistet dem Künstler einen Widerstand, der Wille allein transformiert das Holz nicht schon in die erstrebte Gestalt der Mutter Gottes. Aber die geschickten Künstlerhände mit dem guten Werkzeugen schaffen die Umformung. Ist der Künstler begabt und geschickt genug, ist die Holzfigur eine genaue Realisierung der Idee der Mutter Gottes Figur. So gesehen ist jeder etwas Schaffende und Herstellende ein Ideologe, indem er Ideen realisiert. Die Idee ist dabei das Normative, das Wirkliche das Zuformende, das Defizitär, weil es nicht so ist, wie es sein soll. Dies Sollen ist aber nur als Zweckbestimmung im Denken und Wollen des Herstellenden, aber so gerade das Gestaltende.
Der Verzicht, Ideen realisieren zu wollen, wäre das Ende des Menschen. Nun produziert der Mensch nicht nur als Einzelsubjekt, etwa als Hersteller von Kunstwerken, sondern er produziert auch als in der Welt Seiender seine Lebenswelt. Nun sind diese Produkte nicht mehr einfach die Hervorbringungen eines Künstlers, sondern Hervorbrigungen komplexerer Subjekte (eines Volkes, eines Stammes, der Menschheit usw), sodaß die Einzelnen sehr unterschiedlich an der Herstellung der menschlichen Lebenswelt beteiligt sind. Es ist keine Übertreibung, wenn die meisten die Lebenswelt als etwas von ihrem Wollen und Wirken Unabhängiges erleben und oft auch erleiden, in die sie sich einzufügen haben, in der sie dann nur noch funktioniern. Aber dies Objektve ist faktisch immer nur eine zur Wirkichkeit materialisierte Ideenkomplex. Auch hier standen, wie beim Künstler zuvörderst eine Idee oder ein Ideensystem am Anfang als das Normative. Was Gehlen und ähnlich auch Gerhard Szczesny faktisch wollen, ist das Ende der Produktivität des Menschen. Aber das kulturelle Leben ist eines der ununterbrochenen Ideenhervorbringung, die zur ihrer Realisierung drängen.
Daß alles Realisieren ein Kampf wider die Trägheit der Wirklichkeit ist, daß jedes Ideenmaterialisieren somit auch ein Angriff auf das Wirkliche ist, ist dann aber in pazifistisch gestimmten Zeiten eine unbequeme Wahrheit. Sollte darauf verzichtet werden, verwandelte sich der produktive Mensch in einen nur noch Zuschaumenschen. Faktisch denkt Gehlen und die anderen Ideologiekritiker nicht so konsequent: Sie wollen einfach, daß die von Menschen ihre Lebenswelt,so wie sie jetzt ist, nicht mehr verändern sollen. Posthistorie, das Ende der Geschichte wäre einfach das Verharren wollen in einer Lebenswelt, die nun als alternativlos fixiert werden soll: Bewegung sei nicht mehr möglich und auch nicht mehr nötig, weil nun alles an Ideen möglich Realisierbare materialisiert ist: Es bliebe nur noch die Aufgabe der endlosen Reproduktion der Wirklichkeit.
Wer frägt, warum Linksideologen 1968 sich so kraftvoll durchsetzen konnten, daß der Eindruck entstehen mußte, daß wer denkt, links ist, denn nur da würde noch gedacht, der findet in diesem radicalen Antiplatonismus Gehlens und Gerhard Szczesnys eine Antwort, daß hier die Wirklichkeit als nicht mehr Veränderbares glorifiziert wird und jeder Produktivität des Menschen, daß er Wirklichkeiten nach seinen Ideen umformen will, eine Absage erteilt wird.
Das Problem der Ideologie ist nicht, daß Ideen realisiert werden sollen, sonder daß falsche Ideen versucht werden zu realisieren. Anders gesagt: Die materialistische Philosophie siegt da, wo das Wirkliche nicht mehr als eine Realisation von Ideen begriffen wird, wo das Realisierte als reine Objektivität vorgestellt wird, ohne daß das Objektive als Produkt eines Subjektes gedacht wird.
Theologisch: Alles, was ist, ist eine Realisierung göttlicher Ideen.
In diesem Votum manifestiert sich das Credo der Postmoderne, daß eben die Philosophie, die großen Erzählungen der Emanzipation des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit, so Lyotard in: "Postmodernes Wissen" ihr Ende gefunden haben; die Moderne habe sich erschöpft, sei kristallisiert, sodaß wir posthistorisch leben. Letzters versteht unter Geschichte die Geschichte der Menschheit als eines einheitlichen auf ein gutes Ende hinlaufenden Prozeßes, sodaß nun das Ende dieses Glaubens an die Geschichte eingetreten ist.
Bei Gerhard Szczesny, "Das sogenannte Gute - Vom Unvermögen der Ideologen" stellt sich die Lage dann schon wieder anders da: Er kämpft 1971 gegen die "Neue Linke" mit dem Argument, daß jeder Versuch der Verbesserung, Ideale, das Gute zu realisieren, immer nur im Terror gegen die Wirklichkeit endet. Er muß konstatieren, daß sich in der "Neuen Linken" der Marxismus revitalisierte und seit 1968 zumindest das inneruniversitäre Klima bis circa 1989 in seinen verschiedenartigsten Variationen dominierte. So schnell kann also ein conservativer Denker, Arnold Gehlen widerlegt werden, so jetzt zu urteilen, wäre aber verfrüht.
Ganz trivial soll nun begonnen werden, indem wir einem Künstler ein wenig bei der Arbeit zuschauen. Vor sich hat er ein Stück Holz, in ihm ist eine Idee, ein bestimmtes Bild einer Mutter Gottes Figur und nun beginnt er, das Holz zu bearbeiten, um es nach dem ihm vorschwebenden Bilde zu formen. Das Material leistet dem Künstler einen Widerstand, der Wille allein transformiert das Holz nicht schon in die erstrebte Gestalt der Mutter Gottes. Aber die geschickten Künstlerhände mit dem guten Werkzeugen schaffen die Umformung. Ist der Künstler begabt und geschickt genug, ist die Holzfigur eine genaue Realisierung der Idee der Mutter Gottes Figur. So gesehen ist jeder etwas Schaffende und Herstellende ein Ideologe, indem er Ideen realisiert. Die Idee ist dabei das Normative, das Wirkliche das Zuformende, das Defizitär, weil es nicht so ist, wie es sein soll. Dies Sollen ist aber nur als Zweckbestimmung im Denken und Wollen des Herstellenden, aber so gerade das Gestaltende.
Der Verzicht, Ideen realisieren zu wollen, wäre das Ende des Menschen. Nun produziert der Mensch nicht nur als Einzelsubjekt, etwa als Hersteller von Kunstwerken, sondern er produziert auch als in der Welt Seiender seine Lebenswelt. Nun sind diese Produkte nicht mehr einfach die Hervorbringungen eines Künstlers, sondern Hervorbrigungen komplexerer Subjekte (eines Volkes, eines Stammes, der Menschheit usw), sodaß die Einzelnen sehr unterschiedlich an der Herstellung der menschlichen Lebenswelt beteiligt sind. Es ist keine Übertreibung, wenn die meisten die Lebenswelt als etwas von ihrem Wollen und Wirken Unabhängiges erleben und oft auch erleiden, in die sie sich einzufügen haben, in der sie dann nur noch funktioniern. Aber dies Objektve ist faktisch immer nur eine zur Wirkichkeit materialisierte Ideenkomplex. Auch hier standen, wie beim Künstler zuvörderst eine Idee oder ein Ideensystem am Anfang als das Normative. Was Gehlen und ähnlich auch Gerhard Szczesny faktisch wollen, ist das Ende der Produktivität des Menschen. Aber das kulturelle Leben ist eines der ununterbrochenen Ideenhervorbringung, die zur ihrer Realisierung drängen.
Daß alles Realisieren ein Kampf wider die Trägheit der Wirklichkeit ist, daß jedes Ideenmaterialisieren somit auch ein Angriff auf das Wirkliche ist, ist dann aber in pazifistisch gestimmten Zeiten eine unbequeme Wahrheit. Sollte darauf verzichtet werden, verwandelte sich der produktive Mensch in einen nur noch Zuschaumenschen. Faktisch denkt Gehlen und die anderen Ideologiekritiker nicht so konsequent: Sie wollen einfach, daß die von Menschen ihre Lebenswelt,so wie sie jetzt ist, nicht mehr verändern sollen. Posthistorie, das Ende der Geschichte wäre einfach das Verharren wollen in einer Lebenswelt, die nun als alternativlos fixiert werden soll: Bewegung sei nicht mehr möglich und auch nicht mehr nötig, weil nun alles an Ideen möglich Realisierbare materialisiert ist: Es bliebe nur noch die Aufgabe der endlosen Reproduktion der Wirklichkeit.
Wer frägt, warum Linksideologen 1968 sich so kraftvoll durchsetzen konnten, daß der Eindruck entstehen mußte, daß wer denkt, links ist, denn nur da würde noch gedacht, der findet in diesem radicalen Antiplatonismus Gehlens und Gerhard Szczesnys eine Antwort, daß hier die Wirklichkeit als nicht mehr Veränderbares glorifiziert wird und jeder Produktivität des Menschen, daß er Wirklichkeiten nach seinen Ideen umformen will, eine Absage erteilt wird.
Das Problem der Ideologie ist nicht, daß Ideen realisiert werden sollen, sonder daß falsche Ideen versucht werden zu realisieren. Anders gesagt: Die materialistische Philosophie siegt da, wo das Wirkliche nicht mehr als eine Realisation von Ideen begriffen wird, wo das Realisierte als reine Objektivität vorgestellt wird, ohne daß das Objektive als Produkt eines Subjektes gedacht wird.
Theologisch: Alles, was ist, ist eine Realisierung göttlicher Ideen.
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