Dienstag, 31. Januar 2023
„Die Existenz des Priesters:eine Provokation in der modernen Welt“
„Die Existenz des Priesters:eine Provokation in der modernen Welt“
So betitelte der Philosoph R.Spaemann seinen apologetischen Vortrag 1979 gehalten angesichts der Ablehnung des Priestertumes in und durch die Moderne. Dieser Vortrag soll hier nun nicht in Gänze diskutiert werden, er erschien als Sonderdruck des Informationszentrum Berufe der Kirche in Freiburg und ist hoffentlich noch antiquarisch erwerbbar. Auf einen Aspekt soll sich die Relektüre kaprizieren: Der Synodale Irrweg hat mit einer Mehrheit, auch wenn es nur eine knappe war, beschlossen, zu prüfen, ob die Katholische Kirche überhaupt Priester bräuchte. Angesichts der Tatsache, daß in allen „Kirchen“ der Reformation das Priestertum abgeschafft worden ist, und angesichts des Vorbildcharakters des Protestantismus für den innerkatholischen Reformdiskurs kann das niemanden irritieren. Es geht also nicht um eine pfarrerlose Kirche sondern um eine priesterlose.
Liest man auf diese Fragestellung hin den Vortrag Spaemanns, warum brauche die Kirche Priester und warum reichten nicht Pfarrer, muß irritiert konstatiert werden, daß für diese Fragestellung der Vortrag sehr unergiebig ist. Der Vortrag verteidigt die Bedeutung des Pfarramtes für die Kirche, aber bietet keine Apologie des Priesteramtes.
So steht etwa auf S.2 des Sonderdruckes geschrieben: „Es gibt nämlich keine außerchristlichen Maßstäbe, von denen aus man noch einmal sagen kann, wie ein Christ sein muß, oder wie ein Priester sein muß“. In dieser Äußerung ist der verhängnisvolle Einfluß der sogenannten „dialektischen Theologie“, etwa Karl Barths unüberlesbar, des Anliegens, das Christentum als etwas allen anderen Religionen gegenüber völlig anderes zu verstehen, ja die Religion zu verurteilen als den menschlichen Versuch, Gott sich dienstbar zu machen, statt allein aus der Gnade Gottes zu leben. Dann könne das außerchristliche Priestertum mit seinem Opferverständnis für das Christentum auch nur eine Negativbedeutung haben und es dürfe in ihm so auch kein Priestertum geben. De facto läuft dann dieses Ziel eines religionslosen Christentumes, wie es etwa D.Bonhoefer in seinen Spätschriften vertrat, auf die Antithese von Ethik oder Religion hinaus. Die Praxis des Christen sei sein moralisches Leben, wozu ihn der Gottesdienst isb durch eine Belehrungspredigt eines dazu ausgebildeten Pfarrers zu unterstützen habe.
Wollte man dagegen das Wesen des Priesters verstehen, wäre von dem Allgemeinverständnis des Priesters und seiner Opfertätigkeit auszugehen, um dann sekundär die spezifisch christliche Modifikation zu erfassen.Oder könnte jemand etwas Sinnvolles über den Schriftsteller Thomas Mann schreiben, wenn der Autor überhaupt über keine Vorstellung von dem Beruf des Schriftstellers verfügte, ja nicht einmal wüßte, was einen Menschen als Menschen ausmache, weil er nur Thomas Mann als einzigartige Singularität begreifen möchte.
Verstörend muß dann aber geradezu die Abneigung, den Priester als „Kultfunktionär“ zu verstehen: Der Priester würde auf den „bloßen Kultfunktionär“ „reduziert“, „der nur noch >hoc est enim corpus meum< sagt und >ego te absolvo<, alles andere können auch andere.“ (S.4) In dieser Aussage offenbart sich das Problem dieses ganzen Vortrages: Alles, was Spaemann nun schön entfaltet als die Aufgabe des Priesters bezeichnet,könnte jeder Laie, theologisch ausgebildet genauso gut erfüllen. Ganz gegen die Intention beweist so dieser Vortrag die Überflüssigkeit des Priesteramtes in der Kirche, denn nur Pfarrer braucht die Kirche. Zwei Fehlentscheidungen liegen dem zugrunde: a) das Priestertum von dem Priestertum des Alten Bundes völlig zu isolieren, als wäre nicht das Priestertum der Kirche die Prolongierung des von Gott im Alten Bund eingesetzten Priestertumes und b) daß das Priestertum Jesu Christi und sein Kreuzaltaropfer nicht als das Urbild des Abbildes des kirchlichen Meßopfers, das ein Priester darbringt, begriffen wird.
Der Priester ist eben nicht in erster Linie ein Gemeindediener sondern ein Diener Gottes, dessen Dienst dann auch der Gemeinde und der Welt als Ganzes zu gutekommt. Deutlich wurde dies in der Zeit der Coronaepidemie, als teilweise die öffentlichen Gottesdienste untersagt wurden, aber Priester, zumindest die, die ihren Beruf ernst nehmen, dann allein heilige Messen lasen und das Meßopfer Gott darbrachten: ein nach katholischem Verständnis gültiger Gottesdienst, der ob der Meßintentionen auch und gerade Menschen zugute kommt.
Von all dem weiß dieser Vortrag eben nichts mehr und begründet so nur noch, warum es in der Kirche Pfarrer zu geben hat. Wenn so schwächlich ein Apologetikversuch des Priesters ausfällt, wundert es nicht, wenn nun dies Amt wirklich abgeschafft wird, weil jedes Verständnis für die Aufgabe des Priesters, die der Darbringung des Meßopfers fehlt.
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