Als Leonardo Boff erkennen mußte, daß mit marxistischer Essayistik kein Geld mehr zu verdienen war, nach der Implosion des real existierenden Sozialismus 1989ff und somit auch die marxistisch fundierte Befreiungstheologie im Abseits stand, sattelt er um, um jetzt als Ökotheologe mit Neuheid-nischem vermengt zu reüssieren.
Fraglich ist aber, ob dies Neue noch etwas Marxistisches ist. Ein
Zentraldogma des Marxismus lautet ja, daß die Entwickelung der
Produktivkräfte, und das meint den Grad der Naturbeherrschung, das die
Menschheit Voranbringende ist. In der Endphase des Kapitalismus würde
die gesellschaftliche Organisation, der Kapitalismus mit seiner
bürgerlichen Kultur zum Hemmnis der Weiterentwickelung der
Produktivkräfte, sodaß der Umsturz dieser Ordnung
auf der Tagesordnung stünde. Der Sozialismus/Kommunismus brächte so die Vollendung der Naturbeherrschung durch den Menschen.
Gerade dies lehnt die Ökobewegung ab. Der Marxismus unterschied
selbst zwischen einer progressiven Kapitalismuskritik, die seinige- wen
wundert es!- und einer reaktionär-romantischen: Zurück in die Idylle des
Mittelalters. Dazu gehört dann die romantische Verklärung der Natur,
die Rückwendung zur Religion. Leonardo Boff ist so- marxistisch
gedeutet- ein typischer Vertreter so einer romantischen
Kapitalismuskritik, die wirklich ihren Höhepunkt in der Vergöttlichung
der Natur findet, wo doch schon die Aufklärung die Religion erledigt
habe, etwas Feuerbach. Boff ist weiter links, aber er hat wie die
Allermeisten nach 1989 den Marxismus aufgegeben. Als Anfangspunkt dieser
Auflösungstendenz und Abkehr vom Marxismus kann Adorno/Horkheimers:
Dialektik der Aufklärung angesehen werden, die aber erst in der
Ökobewegung zum Gemeingut der Neuen Linken wurde. Die Differenz der
Neuen Linken zur marxistischen darf nicht übersehen werden. (Vgl dazu
auch: Palko, Die Löwen kommen. Warum Europa und Amerika auf eine neue
Tyrannei zusteuern.)