„Leiste
dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand“ (Math
5,39)Am häufigsten wird die Bergpredigt Jesu unter der Fragestellung
kritisiert, daß er hier von uns (allen Christen oder gar von allen
Menschen, die Frage des Adressaten der Bergpredigt ist umstritten)
etwas fordert, das unser moralisches Leistungsvermögen überfordere.
Als
Anschauungsbeispiel möge dazu die allfällige Kritik des Zölibates
genommen werden, daß eben ein Mann ob seiner sexuellen Bedürfnisse
damit überfordert sei und die Kirche so die Verpflichtung zum
zölibatären Leben den Priestern erlassen solle, weil das nun doch
zuviel von ihm abverlange. Das zölibatäre Leben sei eben nur ein
Ideal für den Priester, das aber überforderer und so viele davon
abhalte, ihrer (angeblichen) Berufung zum Priester zu folgen.
Ist
diese Forderung des Verzichtes auf einen Widerstand ähnlich kritisch
diskutierbar? Ich konstruiere jetzt einen Fall. Fälle haben im
moraltheologischen Diskurs eine dem Experiment im
Naturwissenschaftlichen ähnliche Funktion der der Überprüfung von
Allgemeinaussagen, hier der: Immer dann, wenn wer euch Böses antut,
dann sollt ihr dem keinen Widerstand entgegensetzen,
Gesetz
dem Fall, ein Christ sieht ,wie ein Mann eine Mitchristin
vergewaltigt, was hat er dann zu tuen? Eine Vergewaltigung ist auf
jeden Fall etwas Böses. Das Opfer gehört zu „Euch als
Mitchristin, ergo darf der Christ, der diesen Vergewaltigungsakt
sieht, dem Vergewaltiger keinen Widerstand leisten. Jetzt
extreminisieren wir den Fall. Nach der Vergewaltigung ermordet der
Täter die Frau und sieht den zuschauenden, keinen Widerstand
leistenden Christen. Der Mörder sagt nun, wenn ich diesen Zuschauer
meiner Tat nicht auch umbringe, wird er mich bei der Polizei
anzeigen. Also muß ich auch ihn umbringen. Der Christ beteuert nun,
daß er ihm die Untat verzeihe, weil er Christ sei und so werde er
ihn auch nicht anzeigen.Der Vergewaltiger und Mörder erwidert
darauf, daß er das jetzt nur sage aus Angst davor, ebenso ermordet
zu werden.. Deshalb werde er den Zeugen seiner Untaten jetzt auch
morden. Zu morden ist etwas Böses, dem darf der Christ keinen
Widerstand entgegensetzen und so hat er sich widerstandslos ermorden
zu lassen.
Das
kann auf keinen Fall christlich sein, denn a) widerspricht das dem
Gebot der Nächstenliebe, das von dem Christen in diesem Falle einen
Widerstand gegen den Vergewaltiger fordert und b) widerspricht es
auch dem Gebot, liebe deinen Nächsten wie dich selbst, wenn ein
Christ sich selbst widerstandslos umbringen läßt.
Ist
es nun überhaupt denkbar, daß es Fälle gibt, wo einem meiner
Nächsten Böses angetan wird, ohne daß ich verpflichtet wäre, wenn
es mir möglich ist, meinem Nächsten zur Hilfe zu kommen, dem Bösen
zu Widerstand zu leisten? Ist nicht ein jedes Nichtwiderstandleisten
da ein Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe?
Oder
sollte diese Aufforderung Jesu sich nur auf den Fall beziehen, wenn
ich selbst das Opfer des Bösen bin? Dann dürfte also, um in diesem
Falle zu bleiben, die Frau dem Vergewaltiger keinen Widerstand
leisten. Auch das widerspräche so elementar dem Gebot der
Selbstliebe, daß geurteilt werden muß, daß Jesus das so nicht
gemeint haben kann.
Also,
ein erstes Zwischenresümee heißt, daß aus rein moralischen Gründen
ein Christ dem nicht Genüge tuen kann, weil er so der gebotenen
Nächstenliebe und der Selbstliebe zuwider handeln müßte.
Nun
könnte gesagt werden, daß Jesus Christus ja auch ohne einen
Widerstand zu leisten das Kreuz auf sich nahm, sich kreuzigen ließ
obgleich er als Allmächtiger jederzeit das Kreuz hätte abwehren
können. Nur hier war es der Wille seines Vaters, daß er das Kreuz
zu erleiden hatte und der Sohn ward seinem Vater gehorsam, sodaß er
diesem von Gott ihm zugewollten Bösen keinen Widerstand leistete.
Denn der Kreuzestod war ja erstmal für Jesus etwas Böses, so zu
sterben, aber er nahm das Kreuz an, weil es ihm der Vater auferlegte.
Sollte
nun wer ernsthaft vertreten wollen, daß die Vergewaltigung das Opfer
als ein Handeln Gottes an sich ansehen solle und so dieser göttlichen
Bestrafung keinen Widerstand leisten dürfe? Gott gab dem Menschen
die Freiheit, auch seine Freiheit zum Sündigen zu mißbrauchen und
so ereignen sich auch Vergewaltigungen, aber das sind nun nicht
Strafen Gottes.
Oder
meint hier Jesus etwa, daß ein Christ jedes Böse, was ihm angetan
wird, er als berechtigtes Strafen Gottes an sich anzusehen habe und
es deshalb widerstandslos zu erdulden habe?
Aber
welche Folgen zeitigt ein solches Nichtwiderstandleisten und Erdulden
des Bösen? Die Bösen werden ermutigt, weiter Böses zu tuen, daß
ihnen kein Widerstand entgegengebracht wird, ermutigt sie dann
geradezu zum Weiter so, laßt uns Böses tuen, niemand wehrt uns!
Würde so nicht die Welt zu einer Hölle, in der das Böse allein
triumphiert?
Oder gibt es doch Fälle, in denen der Christ auf einen Widerstand gegen das Böse verzichten kann, ohne daß er gegen das Gebot der Nächsten- oder der Selbstliebe verstößt?
Oder gibt es doch Fälle, in denen der Christ auf einen Widerstand gegen das Böse verzichten kann, ohne daß er gegen das Gebot der Nächsten- oder der Selbstliebe verstößt?
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