Freitag, 13. März 2020

Irritierendes: Probleme mit der Bergpredigt...überfordernd?

Leiste dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand“ (Math 5,39)Am häufigsten wird die Bergpredigt Jesu unter der Fragestellung kritisiert, daß er hier von uns (allen Christen oder gar von allen Menschen, die Frage des Adressaten der Bergpredigt ist umstritten) etwas fordert, das unser moralisches Leistungsvermögen überfordere.
Als Anschauungsbeispiel möge dazu die allfällige Kritik des Zölibates genommen werden, daß eben ein Mann ob seiner sexuellen Bedürfnisse damit überfordert sei und die Kirche so die Verpflichtung zum zölibatären Leben den Priestern erlassen solle, weil das nun doch zuviel von ihm abverlange. Das zölibatäre Leben sei eben nur ein Ideal für den Priester, das aber überforderer und so viele davon abhalte, ihrer (angeblichen) Berufung zum Priester zu folgen.
Ist diese Forderung des Verzichtes auf einen Widerstand ähnlich kritisch diskutierbar? Ich konstruiere jetzt einen Fall. Fälle haben im moraltheologischen Diskurs eine dem Experiment im Naturwissenschaftlichen ähnliche Funktion der der Überprüfung von Allgemeinaussagen, hier der: Immer dann, wenn wer euch Böses antut, dann sollt ihr dem keinen Widerstand entgegensetzen,
Gesetz dem Fall, ein Christ sieht ,wie ein Mann eine Mitchristin vergewaltigt, was hat er dann zu tuen? Eine Vergewaltigung ist auf jeden Fall etwas Böses. Das Opfer gehört zu „Euch als Mitchristin, ergo darf der Christ, der diesen Vergewaltigungsakt sieht, dem Vergewaltiger keinen Widerstand leisten. Jetzt extreminisieren wir den Fall. Nach der Vergewaltigung ermordet der Täter die Frau und sieht den zuschauenden, keinen Widerstand leistenden Christen. Der Mörder sagt nun, wenn ich diesen Zuschauer meiner Tat nicht auch umbringe, wird er mich bei der Polizei anzeigen. Also muß ich auch ihn umbringen. Der Christ beteuert nun, daß er ihm die Untat verzeihe, weil er Christ sei und so werde er ihn auch nicht anzeigen.Der Vergewaltiger und Mörder erwidert darauf, daß er das jetzt nur sage aus Angst davor, ebenso ermordet zu werden.. Deshalb werde er den Zeugen seiner Untaten jetzt auch morden. Zu morden ist etwas Böses, dem darf der Christ keinen Widerstand entgegensetzen und so hat er sich widerstandslos ermorden zu lassen.
Das kann auf keinen Fall christlich sein, denn a) widerspricht das dem Gebot der Nächstenliebe, das von dem Christen in diesem Falle einen Widerstand gegen den Vergewaltiger fordert und b) widerspricht es auch dem Gebot, liebe deinen Nächsten wie dich selbst, wenn ein Christ sich selbst widerstandslos umbringen läßt.
Ist es nun überhaupt denkbar, daß es Fälle gibt, wo einem meiner Nächsten Böses angetan wird, ohne daß ich verpflichtet wäre, wenn es mir möglich ist, meinem Nächsten zur Hilfe zu kommen, dem Bösen zu Widerstand zu leisten? Ist nicht ein jedes Nichtwiderstandleisten da ein Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe?
Oder sollte diese Aufforderung Jesu sich nur auf den Fall beziehen, wenn ich selbst das Opfer des Bösen bin? Dann dürfte also, um in diesem Falle zu bleiben, die Frau dem Vergewaltiger keinen Widerstand leisten. Auch das widerspräche so elementar dem Gebot der Selbstliebe, daß geurteilt werden muß, daß Jesus das so nicht gemeint haben kann.
Also, ein erstes Zwischenresümee heißt, daß aus rein moralischen Gründen ein Christ dem nicht Genüge tuen kann, weil er so der gebotenen Nächstenliebe und der Selbstliebe zuwider handeln müßte.
Nun könnte gesagt werden, daß Jesus Christus ja auch ohne einen Widerstand zu leisten das Kreuz auf sich nahm, sich kreuzigen ließ obgleich er als Allmächtiger jederzeit das Kreuz hätte abwehren können. Nur hier war es der Wille seines Vaters, daß er das Kreuz zu erleiden hatte und der Sohn ward seinem Vater gehorsam, sodaß er diesem von Gott ihm zugewollten Bösen keinen Widerstand leistete. Denn der Kreuzestod war ja erstmal für Jesus etwas Böses, so zu sterben, aber er nahm das Kreuz an, weil es ihm der Vater auferlegte.
Sollte nun wer ernsthaft vertreten wollen, daß die Vergewaltigung das Opfer als ein Handeln Gottes an sich ansehen solle und so dieser göttlichen Bestrafung keinen Widerstand leisten dürfe? Gott gab dem Menschen die Freiheit, auch seine Freiheit zum Sündigen zu mißbrauchen und so ereignen sich auch Vergewaltigungen, aber das sind nun nicht Strafen Gottes.
Oder meint hier Jesus etwa, daß ein Christ jedes Böse, was ihm angetan wird, er als berechtigtes Strafen Gottes an sich anzusehen habe und es deshalb widerstandslos zu erdulden habe?
Aber welche Folgen zeitigt ein solches Nichtwiderstandleisten und Erdulden des Bösen? Die Bösen werden ermutigt, weiter Böses zu tuen, daß ihnen kein Widerstand entgegengebracht wird, ermutigt sie dann geradezu zum Weiter so, laßt uns Böses tuen, niemand wehrt uns! Würde so nicht die Welt zu einer Hölle, in der das Böse allein triumphiert?
Oder gibt es doch Fälle, in denen der Christ auf einen Widerstand gegen das Böse verzichten kann, ohne daß er gegen das Gebot der Nächsten- oder der Selbstliebe verstößt?

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