Donnerstag, 26. März 2020

"Es gibt kein sinnloses Leid mehr"


für den, der an Christus glaubt.“ So steht es geschrieben in der 12.Kreuzwegstation des Kreuzweges des „Gotteslobes“1988. Eine provokannte Aussage.Ist damit gemeint, daß es objektiv gesehen kein sinnloses Leid mehr gibt, und daß nur der Christ das erkennt oder gibt es zwar noch sinnlosen Leiden, aber für den Christen wird dies Sinnlose durch seinen Glauben etwas Nichtsinnloses?
Die prinzipielle Frage: Ist Sinn etwas in den Ereignissen Innewohnendes oder gibt die Interpretation den Ereignissen erst ihren Sinn? Das eine wäre ein Sinnfinden, ein Sinnerkennen, das andere mal ein Sinngeben. Gibt also der Glaube dem Ereignis einen Sinn, den es in sich gar nicht hat?
Es soll diese Aussage nun an einem Extremfall erörtert werden. Gesetz den Fall, eine Christin wird vergewaltigt. Kann gesagt werden, daß ihre erlittene Vergewaltgung kein sinnloses Leid war? Natürlich, aus der Sicht des Vergewaltigers, denn er tat dies um des sexuellen Lustgewinnes.Für den Täter ist (in der Regel) jedes Verbrechen etwas Sinnvolles, sonst unternähme er es ja gar nicht. Nur für das Opfer des Verbrechens ist das Verbrechen ein sinnloses Leid. Wie könnte nun für das Vergewaltigungsopfer dies kein sinnloses Leid sein? Die Antwort der Kreuzwegandacht: „Auch im tiefsten Abgrund ist der Gekreuzigte bei ihm.“
Die spontane Antwort des Vergewaltigunsopfers dürfte wohl lauten: Wenn der Sohn Gottes bei mir, mit mir war, warum half er mir dann nicht? Er hätte es als Allmächtiger doch gekonnt! Warum soll nun aber schon das bloße Dabeisein beim Opfer sein Leiden zu einem Nichtsinnlosen verwandeln oder erkennen lasseen, daß das erlittene Leid kein sinnloses war?
Das Kreuzesleiden Jesu Christi war kein sinnloses, weil Gott selbst es wollte als Sühneleiden. Soll nun geurteilt werden, daß jedes erlittene Leiden ein Sühneleiden ist, das zwar nur im Glauben als solches erkannt wird, aber es doch objektiv ist? Das Leiden Christi war ein gottgewolltes Sühneleiden, aber das begründet nun doch nicht die Aussage, daß jedes Leiden ein Sühneleiden ist! Oder soll das nun sagen, daß jeder Christ, wenn er sinnlos etwas erleidet, es als Sühneleiden Gott aufopfern kann? Dann würde erst durch diesen Akt die erittende Untat zu einem nichtsinnlosen Leiden.
Naheliegender ist es aber, die erlittende Vergewaltigung als Akt des Mißbrauches menschlicher Freiheit zu begreifen und dem Opfer zu sagen, daß ihm hier wirklich etwas rein Negatives angetan wurde (aus Sicht des Opfers), statt dem Opfer noch aufzubürden, in seinem erlittenden Leid noch etwas Nichtsinnloses zu erkennen oder daraus etwas Nichtsinnloses zu machen durch eine christliche Deutung des Erlittenden.
Gehört es nicht zur christlichen Erlösungsreligion, daß in der Welt sich auch sinnloses Leiden ereignet aus der Perspektive des Opfers und daß so die Erlösung auch das Ende einer Welt ist, in der sinnlos gelitten wird, statt daß der christliche Glaube uns so die Augen öffnet, daß alles scheinbar sinnlose Leiden objektiv keines ist, weil wir schon in einer Welt leben, in der es nichts Sinnloses gibt. Im letzteren Falle wäre die christliche Religion einfach die reine Affirmation der Welt, so wie sie ist und keine Erlösungsreligion.

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