„für
den, der an Christus glaubt.“
So steht es geschrieben in der 12.Kreuzwegstation des Kreuzweges
des „Gotteslobes“1988. Eine provokannte Aussage.Ist damit gemeint, daß es objektiv gesehen kein sinnloses
Leid mehr
gibt, und daß nur der Christ das erkennt oder gibt es zwar noch
sinnlosen Leiden,
aber für den Christen wird dies Sinnlose durch
seinen Glauben etwas Nichtsinnloses?
Die
prinzipielle Frage: Ist Sinn etwas in den Ereignissen Innewohnendes
oder gibt die Interpretation den Ereignissen erst ihren Sinn? Das
eine wäre ein Sinnfinden, ein Sinnerkennen, das andere mal ein
Sinngeben. Gibt also der Glaube dem Ereignis einen Sinn, den es in
sich gar nicht hat?
Es
soll diese Aussage nun an einem Extremfall erörtert werden. Gesetz
den Fall, eine Christin wird vergewaltigt. Kann gesagt werden, daß
ihre erlittene Vergewaltgung kein sinnloses Leid war? Natürlich, aus
der Sicht des Vergewaltigers, denn er tat dies um des sexuellen
Lustgewinnes.Für den Täter ist (in der Regel) jedes Verbrechen
etwas Sinnvolles, sonst unternähme er es ja gar nicht. Nur für das
Opfer des Verbrechens ist das Verbrechen ein sinnloses Leid. Wie
könnte nun für das Vergewaltigungsopfer dies kein sinnloses Leid
sein? Die Antwort der Kreuzwegandacht: „Auch im
tiefsten Abgrund ist der Gekreuzigte bei ihm.“
Die
spontane Antwort des Vergewaltigunsopfers dürfte wohl lauten: Wenn
der Sohn Gottes bei mir, mit mir war, warum half er mir dann nicht?
Er hätte es als Allmächtiger doch gekonnt! Warum soll nun aber
schon das bloße Dabeisein beim Opfer sein Leiden zu einem
Nichtsinnlosen verwandeln oder erkennen lasseen, daß das erlittene
Leid kein sinnloses war?
Das
Kreuzesleiden Jesu Christi war kein sinnloses, weil Gott selbst es
wollte als Sühneleiden. Soll nun geurteilt werden, daß jedes
erlittene Leiden ein Sühneleiden ist, das zwar nur im Glauben als
solches erkannt wird, aber es doch objektiv ist? Das Leiden Christi
war ein gottgewolltes Sühneleiden, aber das begründet nun doch
nicht die Aussage, daß jedes Leiden ein Sühneleiden ist! Oder soll
das nun sagen, daß jeder Christ, wenn er sinnlos etwas erleidet, es
als Sühneleiden Gott aufopfern kann? Dann würde erst durch diesen
Akt die erittende Untat zu einem nichtsinnlosen Leiden.
Naheliegender
ist es aber, die erlittende Vergewaltigung als Akt des Mißbrauches
menschlicher Freiheit zu begreifen und dem Opfer zu sagen, daß ihm
hier wirklich etwas rein Negatives angetan wurde (aus Sicht des
Opfers), statt dem Opfer noch aufzubürden, in seinem erlittenden
Leid noch etwas Nichtsinnloses zu erkennen oder daraus etwas
Nichtsinnloses zu machen durch eine christliche Deutung des
Erlittenden.
Gehört
es nicht zur christlichen Erlösungsreligion, daß in der Welt sich
auch sinnloses Leiden ereignet aus der Perspektive des Opfers und daß
so die Erlösung auch das Ende einer Welt ist, in der sinnlos
gelitten wird, statt daß der christliche Glaube uns so die Augen
öffnet, daß alles scheinbar sinnlose Leiden objektiv keines ist,
weil wir schon in einer Welt leben, in der es nichts Sinnloses gibt.
Im letzteren Falle wäre die christliche Religion einfach die reine
Affirmation der Welt, so wie sie ist und keine Erlösungsreligion.
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