In medias res:
„4. Er führte keine Wortgefechte, um seine Lehren aufzudrängen, sondern teilte die Liebe Gottes mit. Er hatte verstanden: »Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm« (1 Joh 4,16). Auf diese Weise wurde er zu einem liebevollen Vater, der den Traum einer geschwisterlichen Gemeinschaft verwirklichte“ So steht es geschrieben in der neuesten Enzyklika Papst Franziskus. Ohne hier schon den Gesamttext würdigen zu können, verleitet mich diese Ausgangsthese zu kritischen, vielleicht hyperkritischen Anmerkungen. Wie oft lesen wir in der hl. Schrift, daß Jesus lehrte. Am Abschluß seiner Bergpredigt heißt es: (Mt 7,28f):
„Und es begab sich, als Jesus diese Reden vollendet hatte, erstaunte das Volk über seine Lehre (doctrina), denn er lehrte sie wie einer, der da Macht (potentam) hat“. Im Anhang der Einheitsübersetzung 1980, findet sich in dem sehr umfangreichen Namens- und Begriffsregister der Begriff der Lehre nicht. Lehre, lehren ist eben keine religiöse Tätigkeit. Dem korreliert, daß an der Übersetzung: „Jünger Jesu“ festgehalten wird, obzwar die Übersetzung: „Schüler Jesu“ das Griechische besser wiedergäbe und auch die Kommunikationsstruktur Jesu zu seinen „Jüngern“ adäquat erfaßte. Aus der Erkenntnis des Heiles (Gnosis im Griechischen) wird die „Erfahrung des Heiles“ Lk 1,77. Hier triumphiert eben der Antiintellektualismus, der nichts mehr von Lehre und Erkenntnis und lernen wissen will. Dazu paßt dann die Antithese von Liebe statt Lehre, zumal wenn dann noch der Begriff der Lehre negativ verbunden wird mit der Vorstellung, daß Lehren einerseits „Wortgefechte“ sind und daß sie andererseits „aufgedrängt“ werden. Jesus habe eben nicht gelehrt, schon gar keine doctrina und seine Schüler waren keine Schüler sondern „Jünger“.
Die „Geschwisterlichkeit“ soll also das Prinzip der Menschheitsvergemeinschaftung sein. Das ist offenkundig eine zeitgeistgemäße Umformulierung der Brüderlichkeitsparole der Französischen Revolution. Diese aus dem Freimaurertum entstammende Parole ist nun aber unabtrennbar von der Bruderliebepraxis der Guillotine: Willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein!“ Noch nie vordem sind in der Geschichte Frankreichs so viele Menschen aus rein politischen Gründen getötet worden. Angesichts dieses Ereignisses sollte man vorsichtig sein mit dem Begriff der „Bruderliebe“ bzw seiner modernen Version der Geschwisterlichkeit. Verlangt denn nicht gerade dieser Begriff nach einer theoretischen Fundierung, was denn „Geschwisterlichkeit“ sei?
Stattdessen lesen wir: „6. Die folgenden Seiten erheben nicht den Anspruch, die Lehre über die geschwisterliche Liebe umfassend darzustellen.“ Ganz im Geiste des Antiintellektualismus will diese Enzyklika auf die Klärung dieses Begriffes verzichten, um dann eben auf emotionale Assozisationen zu setzen. Dabei verlangt dieser Begriff doch nach einer Klärung: Sind die Brüder und Schwestern, vereint durch den wahren Glauben damit gemeint (das läge für den theologischen Diskurs nahe) oder ethnisch die Volkszugehörigen oder soll die ganze Menschheit eine geschwisterliche sein? Nur mit welchem Recht ist sie so zu qualifizieren? Soll das eine indikativische Aussage sein: Die Menschheit ist geschwisterlich, oder moralisch imperativisch: Die Menschheit soll geschwisterlich sein oder ist es reines optativisches Wunschdenken: O möge doch die Menschheit geschwisterlich sein?Aber solche eigentlich notwendigen Klarstellungen, das sind eben bloße „Wortgefechte“ .
Es gälte doch, einen Traum zu verwirklichen. Ist es erlaubbar, angesichts solcher Unklarheiten und angesichts der Klarheit der praktizierten Bruderliebe der Französischen Revolution per Guillotine auf die Verwirklichung dieses Traumes verzichten zu wollen, da ein Albtraum zu befürchten ist? Oder weniger bildlich formuliert: Wird uns hier nicht einfach die päpstliche Version der globalisierten Einheitswelt vorgelegt?
Ach ja, das Thema der Menschenrechte wird auch behandelt unter Nummer 24. Hier lesen wir tatsächlich auch etwas zur frappierendsten Menschenrechtsverletzung der heutigen Zeit, der Tötung der Kinder im Mutterleibe: „Die Verirrung kennt keine Grenzen, wenn man Frauen versklavt, die dann zur Abtreibung gezwungen werden..“ Versklavte Frauen treiben ab!
Liest man nun „Fratelli tutti“ gar im Kontext von: „Die Brüderlichkeit aller Menschen. Für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“, wie es ausdrücklich der Papst wünscht, erahnen wir, daß hier der Welt ein ganz gar unverdaulicher Braten serviert wird, eine mit salbungsvollen Worten garnierte Version der globalistischen „Neue Welt Ordnung“ und dazu paßt auch das faktische Verschweigen der Massentötung von Kindern im Mutterleibe. Diese Kinder gehören eben nicht zu den „Geschwistern“!
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