Gott ist mehr zu gehorchen als den Menschen
Das lehrt so die Apostelgeschichte,(5,29), aber es dürfte wohl keine Religion geben,die dieser Aussage nicht zustimmte.Spontan assoziieren wir damit eine Situation, in der ein Vertreter des Staates etwas von einem Christen fordert, das den Geboten Gottes widerspricht. Es wird etwas Widermoralisches gefordert, dem ein Christ nicht zustimmen kann.
Verunklart wird die nun aber dadurch, daß statt Gottes Gesetzen, denen mehr als menschlichen zu gehorchen ist, das (individuelle) Gewissen gesetzt wird. „Du hast mehr Deinem Gewissen als den menschlichen Gesetzen und Anordnungen zu gehorchen“ heißt es nicht.Denn dann könnte ja das Gewissen zur Legitimierung von einem unsittlichen Verhalten genutzt werden. Mehr als untersuchenswert wäre die Frage, wie viele der Mißbrauchstäter ihre Untaten guten Gewissens vollbrachten: „Ich tat nichts Unmoralisches, mein Gewissen erlaubte mir, gegen die geltende Kirchenmoral zu verstoßen.“
Aber das eigentliche moraltheologische Problem dieser Aussage wird so noch nicht erfaßt. Gott sprach zu Abraham: „Opfere mir Deinen einzigen Sohn!“ Abraham gehorchte, weil Gott das von ihm gefordert hat. Moralisch geurteilt ist diese Tötung ein schweres Verbrechen, den eigenen unschuldigen Sohn zu töten. Hätte Abraham hier nicht erwidern müssen: „Meinen Sohn zu opfern, ist für mich eine moralische Unmöglichkeit.“ „Mein Gewissen verbietet das mir!“ Abraham handelt hier aber genau nach der Bestimmung: Gott ist mehr zu gehorchen als den Menschen“. Das gälte auch dann, wenn Gott etwas der Moral und gar den Geboten Gottes Widersprechendes gebietet.
Eine unzulässige Lösung dieses Problemes wäre es, zu behaupten, daß Abraham von vornherein gewußt hätte, daß er dies Menschenopfer nicht zu vollziehen bräuchte,denn Gott könne das nicht ernst meinen. Nein, Abraham wird als gerecht beurteilt in der hl.Schrift, weil er bereit war, seinen eigenen Sohn zu opfern.
Das theologische Problem lautet nun: Wie konnte Gott dies Opfer einfordern, auch wenn er es dann doch nicht verlangte? Denn schon die Aufforderung zu etwas Moralwidrigem ist ja schon etwas Moralwidriges. Die Antwort heißt: Gott selbst steht über dem Moralgesetz und so kann er dies so Abraham gebieten. Gott regiert nicht wie ein Monarch in einer konstitutionellen Monarchie, in der das Regieren durch eine Verfassung reguliert ist.Das ist die Souveränität Gottes. Was die Ausrufung des Notstandes für den Staat ist, das ist für Gott die Möglichkeit, seine eigenen Gesetze punktuell aufzuheben.(Vgl dazu Carl Schmitt)
Damit rückt aber: Man hat Gott mehr zu gehorchen als den Menschen“ in ein zwiespältiges Licht, denn nun könnte auch ein moralwidriges Tuen ein von Gott gewolltes sein. Der Prophet Samuel wirft dem König Saul vor, kriegsgefangene Könige nicht getötet zu haben. Er habe so gesündigt. Man könnte in dieser Causa urteilen, daß hier der König moralisch sich den Kriegsgefangenen gegenüber verhielt und daß er so in diesem Falle wider Gottes Willen handelte. Eines macht dies Problem aber überdeutlich,daß wir seit der Aufklärung ein so vermoralisiertes Gottesverständnis uns zusammenkonstruiert haben, daß wir dem Gott, so wie er sich uns offenbart hat, nicht mehr gerecht werden!
1.Zusatz:
Ob solcher Stellen im Alten Testament findet der Marcionismus, daß der Gott Mose nicht der Gott Jesu Christi sei, immer neu Sympathisanten:
"Wenn dich der HERR, dein Gott, ins Land bringt, in das du kommen wirst, es einzunehmen, und er ausrottet viele Völker vor dir her, die Hetiter, Girgaschiter, Amoriter, Kanaaniter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, sieben Völker, die größer und stärker sind als du, und wenn sie der HERR, dein Gott, vor dir dahingibt, dass du sie schlägst, so sollst du an ihnen den Bann vollstrecken [= alle umbringen]. Du sollst keinen Bund mit ihnen schließen und keine Gnade gegen sie üben und eure Töchter sollt ihr nicht geben ihren Söhnen und ihre Töchter sollt ihr nicht nehmen für eure Söhne ... Sondern so sollt ihr mit ihnen tun: Ihre Altäre sollt ihr einreißen, ihre Steinmale zerbrechen, ihre heiligen Pfähle abhauen und ihre Götzenbilder mit Feuer verbrennen." (5. Mose = Deuteronomium 7, 1-3.5)
dSo eine Stelle zeigt aber nur auf drastischste Weise, daß Gott über dem Gesetz steht, nicht durch es selbst gebunden ist. Das macht aber, daß wir Gott mehr zu gehorchen haben als den Menschen zu einer problematischen Aussage.
2.Zusatz:
Im jetzigen Krieg zwischen Israel und den Palästinensern vergegenwärtigt sich der Grundkonflikt zwischen dem jüdischen Volk, das das ihnen von Gott verheißende und gegebene Land eroberten und den da Beheimateten,deren Recht es war,da zu leben. Das menschliche Recht war auf Seiten der Palästinenser, Gottes Recht auf der Seite der jüdischen Eroberer. Auch jetzt verteidigt das jüdische Volk, sein Recht da zu leben, das Gott selbst ihm gab, gegen das Recht der Palästinenser, in ihrer Heimat zu leben, das ist ihr weltliches Recht.
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