Dienstag, 24. Dezember 2019

Probleme mit Weihnachten: zum historischen und kultischem Zeitverständnis

Warum von Problemen reden, wo es keine gibt: Die Kirchen werden wieder voll und einige gar übervoll sein, in Familien wird unter dem Weihnachtsbaum gefeiert, auch wenn so mancher wohl nicht mehr genau sagen kann, was da gefeiert wird, auch wenn er sich noch an Formulierungen wie: "Die Geburt des Erretters, des Erlösers, vielleicht gar des "Sohnes Gottes" erinnert. Aber so genau braucht man das ja auch nicht zu wissen, um schön dies Fest feiern zu können.
Wie nun aber, wenn nachgefragt wird: Was feiere ich, wenn ich Weihnachten feiere, wenn nach dem objektiven Gehalt dieses Hochfestes gefragt wird und man sich nicht mit subjektivistischen Antworten zufrieden geben möchte: "Für mich persönlich ist Weihnachten...."
Die erste Antwort könnte lauten, daß wir heute das Geburtstagsfest Jesu von Nazareth feiern, der vor 2019 Jahren in Bethlehem geboren worden ist, und früge wer weiter nach, so bekäme er die Antwort, daß wir diese Geburt feierten, weil der da Geborene aüßerst Bedeutsames in seinem Leben vollbracht hätte, auf Grund dessen  wir jetzt seinen Geburtstag feiern- so wie etwa Goetheverehrer dessen Geburtstag feierten ob der außerordentlichen Qualität seines literarischen Gesamtwerkes.Was nun dass Außergewöhnliche seines Lebens, das wäre seines Lehrens und Wirkens sei, daß würde dann eine Lehre vom Erlösungswerk Jesu Christi zu entfalten haben. Also, dann ist die gefeierte Geburt nur der Ermöglichungsgrund seines späteren Heilswerkes und nur als solcher zu feieren.
Nur, es erheben sich Einwände. Eine Geburtstagsfeier ist immer nur eine Erinnerungsfeier. Vorausgesetz ist ein linerares Zeitverständnis: in der Mitte die Null, als den Jetztzeitpunkt und dann die Rückschau, vor einem, vor zwei....vor 2000 Jahren, also -1, -2....-2000. Dann wird vorausgeschaut, dem Geburtstagskinde noch viele Lebensjahre gewünscht, plus 1, plus 2, plus viele Jahre. 
Aber der religiöse Kult setzt ein anderes Zeitverständnis voraus, das uns natürliche, das zyklische: nach jedem Frühling kommt ein Sommer, dem ein Herbst und Winter folgt, worauf wieder es Frühling wird. Der Jahreskreis der ewigen Wiederkehr. Jeder Punkt des Kreisumfanges ist Anfangs- und Endpunkt in Einem. Der religiöse Kult feiert so auch kreisförmig: jetzt die Geburt Jesu Christi, dann Karfreitag und Ostern und dann seine Himmelfahrt und darauf wieder seine Geburt. In dieser Kreisförmigkeit wird nicht ein einmal Geschehenes erinnernd gefeiert, sondern hier gilt das "Jetzt": jetzt ist uns der Heiland geboren, jetzt ist er für uns am Kreuze gestorben...
Wäre das Christentum ein rein mythische Religion, würde in ihr kreisförmig immer wieder die Geburt, der Tod, die Wiederauferstehung und die Himmelfahrt des Erlösers sich kultisch ereignen. Der Kult bezöge sich nicht auf Ereignisse außerhalb dieses Kreises, denn die gibt es nur, wenn ein lineares Zeitverständnis präsumiert wird.
Aber der christliche Kult ist nun auch nicht nur eine Reihe von Historienfesten, daß sich da an die vor 2019 geschehene Geburt und dann später an das Kreuz und die Auferstehung erinnert wird. Am signifikantesten wird dies in jeder Eucharistiefeier, in der ja nicht einfach nur an das einmal am Kreuz für uns dargebrachte Sühnopfer erinnnert wird, sondern in der sich dies einmalige Kreuzaltaropfer immer wieder neu selbst vergegenwärtigt. 
Diese innnere Spannung zwischen einem dem linearen Zeitverständnis und dem zyklischen gemäße Vorstellung der Feier der Geburt Jesu gehört nun konstitutiv zur christlichen Religion, sie ist das innere Leben der christlichen Religion. Unsere Religion kann nicht ganz mythisch-zyklisch werden, aber auch nicht sich ganz historisieren, sodaß der Kult nur noch eine Erinnerungsveranstaltung wird
für Historienfreunde: Was geschah vor 2019 Jahren und welche Bedeutung hat das Einstige jetzt noch für uns? Der Kult mutet uns zu: das Jetzt seiner Geburt zu feiern, das wirklich vor 2019 Jahren sich ereignet hatte und doch im Kult jetzt sich ereignet, ganz sinnfällig, wenn in der Christmette Christus in der Gestalt einer Puppe in die vordem noch leere Krippe gelegt wird. 
 
  
 

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