Mittwoch, 29. März 2023
Die neue Kriegstheologie – Spurensuche
Die neue Kriegstheologie – Spurensuche
In der Märzausgabe des Passauer Bistumblattes vom 19.3.2023 findet sich als „Zitat der Woche“ dieser Ausspruch eines österreichischen Kabarettisten, zuerst publiziert in einem der Flaggschiffe der politischen Korrektheit Deutschlandes, der „Süddeutschen Zeitung“ in einer ihrer Polemiken wider die Berliner Friedenskundgebung, initiiert von Frau Wagenknecht und Frau Schwarzer:
„Ich bin auch für Verhandlungen.Sobald sich Putin aus der Ukraine zurückgezogen hat! Wenn ein Staat einen anderen überfällt und wir dann zu verhandeln beginnen, was dieser Staat behalten darf,dann öffnen wir Tür und Tor und geben eine Errungenschaft auf, die wir seit 1945 hatten, daß Krieg als politisches Mittel in Europa nicht akzeptiert wird.“
Wenn in früheren Zeiten, so in den 70er und 80er Kabarettisten eher durch ihre Gesellschaftskritik und ihrer Distanz zur Regierungspolitik sich profilierten, so scheinen sie heute eher sich als Propagandisten der Regierung zu verstehen, aber vielleicht liegt das auch nur daran, daß nur noch politisch korrekte zitiert werden. Aber auch von einem Kabarettisten dürfte erwartet werden, daß er, bevor er sich zu dem Ukrainekrieg äußerst, sachkundig macht. Dann wüßte er, daß nach 1945 die Nato einen Angriffskrieg gegen Jugoslawien geführt hat und dann den jugoslawischen Staat zerstörte und den Regierungschef dann vor ein Kriegsverbrechertribunal stellte als den krönenden Abschluß des militärischen Sieges. Da die Türkei ein Natomitglied ist, sind zudem alle Kriegshandlungen der Türkei, die angeblich der Terrorismusbekämpfung der Kurden dienen, mit dazuzurechnen. Nach 1945 hat der freie Westen, die Nato also nicht auf den Krieg als politisches Mittel verzichtet.
Wenn man dann noch auf die vielen deutsche Gebiete schaut, die wir nach dem verlorenen Krieg 1945 abtreten mußten, zeigt dies auch, daß auch nach 1945 es als legitim angesehen wurde, Grenzveränderungen und Gebietszugewinne zu vollziehen als Kriegssieger zulasten des Verlierers.
Ergo: Auch nach 1945 ist der Krieg nicht als ein Mittel des Krieges verurteilt worden, nicht für den europäischen noch für den außereuropäischen Raum. Stattdessen statt: All unsere Kriege sind legitim, die unserer Feinde aber nicht. Wir begehen keine Kriegsverbrechen, selbst wenn wir Atombomben auf Städte abwerfen, um möglichst viele Zivilisten zu töten, denn nur der Feind begeht solche.
Wenn nun ein Krieg ist, wie könnte er beendigt werden. In Berlin demonstrierten viele Bürger für einen Verhandlungsfrieden und der verlangt nun einmal einen Interessensausgleich zwischen den Kriegsparteien. Den zu erwirken, ist die Aufgabe der Diplomatie, die chinesisische Regierung erbot sich dafür auch schon als Vermittler an. Aber die ukrainische Regierung und die Nato sagen dazu: „Nein!“ Sie setzen auf den militärischen Sieg über die russischen Truppen und wollen erst nach dem Sieg verhandeln. Das politische Ziel der Nato wird dabei erstaunlich klar formuliert: der Sturz der jetzigen russischen Regierung und die Auslieferung Putins an ein Kriegsverbrechertribunal. Der ukrainischen Regierung geht es dann wohl primär um die Erschaffung eines möglichst reinen ukrainischen Volksstaates, aus dem dann alle Russen vertrieben , oder als Minderheit geduldet werden. Darum bekriegt ja die Ukraine seit 2014 die sich als unabhängig erklärten russischen Volksrepubliken auf dem ukrainischen Staatsgebiet. Den Anlaß zur russischen Intervention bot ja der Beistandsruf dieser russischen Volksrepubliken angesichts der Militärangriffe der Ukraine.
Würden die russischen Truppen einfach abziehen, revitalisierte sich das Nationalitätenproblem der Ukraine, daß es ein Vielvölkerstaat ist, in dem die Ukrainer die russische Minderheit zu majorisieren versucht – aber es muß auch an das Votum einer ukrainischen Spitzenpolitikern erinnert werden: Gebt uns Waffen und wir schlachten die Russen ab! Es muß so also gefragt werden, ob Russen noch in einem ukrainischen Volksstaat leben können! Wem das für mehr als unwahrscheinlich ansieht, muß der Bildung einer russischen Republik als abgetrennte zustimmen, die dann von Rußland gegen die Ukraine auch geschützt wird.
Aber für all dies interessiert sich diese Schwarz-Weiß- Kriegstheologie nicht: Sie kennt nur ganz dualistisch denkend die Guten, die gegen die Bösen kämpfen, und daß statt zu verhandeln man allein auf den Militärsieg der Guten setzt und mit den Bösen erst verhandelt, wenn sie besiegt sind. Das hat mit Politik und einer Analyse des Konfliktes mit dem Ziel der Erreichung eines Friedens nichts zu tuen, der Konflikt wird nur ganz im Stile der westlichen Propaganda einfach vermoralisiert zu einem Krieg zwischen den Nurguten und den Nurbösen, vertrauend darauf, daß wie in amerikanischen Westernfilmen immer am Ende der Gute siegt, mit dem rauchenden Colt in der Hand.
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