Eine nicht beantwortbare oder schwer zu beantwortende Frage zur christlichen Musik, die aber auch nicht (mehr) gestellt wird - aus Gleichgültigkeit?
Der vulgärste Standpunkt zur Frage, was mache die christliche Musik zur christlichen ist wohl der, daß christliche Aussagen des Liedtextes die christliche Musik konstituiere.Eigentlich sei doch die Frage des Gehaltes eines Musikerkes so simpel zu respondieren, daß sich ein Fragen danach von selbst erübrige. In einer Analogie zum Briefeschreiben ließe sich die Antwort auf diese scheinbar so schwierige Frage leicht erteilen: Wie ich einen Brief schreibe, dann ihn ein ein Couvert stecke und der Briefempfänger dann den Brief aus dem Couvert herausnimmt, um ihn zu lesen, so habe ein Musikstück zuerst eine Aussagenintention, die dann in die Musik eingekleidet wird wie der Brief in das Couvert, damit dann die Aussage aus dem Musikstück herausdestilliert wird. Der Gehalt eines jeden Musikstückes wäre so ein rein sprachlich rekonstruierbare und die Rekonsruktion gelingt, wenn man alles Musikalische abwirft, um nur noch die Textaussage vor Augen zu haben. Das Musikalische einer Musik wäre so nur das Transportmedium einer rein sprachlichen Mitteilung. Es gibt so keine Sprache der Musik.Ich bräuchte also nur den der Musik zugrunde liegenden Text lesen, um zu erkennen, ob diese Musik eine christliche sei.
Aber daß das Musikalische keine eigene Sprache sei sondern nur ein Transportmedium, das ist das Unglaubwürdige dieses Musikverständnisses. Das hätte ja zur Folge, daß etwa Symphonien gar keinen Aussagegehalt hätten. Spontan wird da aber gern erwidert, daß man doch bitte den Aussagegehalt einer bestimmten Symphonie benennen möge und diese Frage bringt dann jeden Kritiker dieser Vulgärmeinung über die Musik in eine arge Verlegenheit, denn der Gehalt, so gewiß der so Gefragte sich gewiß ist, daß einer in einer Symphonie innewohnt, vermag ihn nicht in eine klare Aussage auszuformulieren. Die Sprache der Musik läßt sich nicht in die Sprech- und Schreibsprache übersetzen. Aber doch spricht eine Musik zu uns und das heißt eben auch, daß der Gehalt einer Musik nicht einfach unsere Projektion in eine Musik ist.
Wie sehr die christliche Musik uns so gleichgültig (geworden) ist, zeigt, daß bei der Beurteilung fast nur der Text herangezogen wird, um höchstens dann noch ergänzend festzustellen, daß er auch noch gut gesungen und durch Instumente angemessen begleitet wurde.
Aber wie könnten dann wenigstens Spuren der Christlichkeit eines Musikstückes ergründet werden, wenn erstmal diese Gleichgültigkeit der Musik gegenüber überwunden wäre?
Meine Verdachtsthese: Da die christliche Religion eine Erlösungsreligion ist, müßte genau dieser Charakter in ihr heraushörbar sein. Zum Verstehen dieser These konstriere ich idealtypisch das griechische Kosmosverständnis: Die ganze Welt ist ein schön geordnetes Ganzes und das hat sich dann auch in der Musik widerzuspiegeln. Das heißt nun nicht, daß diese Aussage textlich ausformuliert dann gesungen und evtl auch durch Musikinstrumentenstimmen begleitet wird, sodern daß das Harmonische der Musik diesen so strukturierten Kosmos zum Ausdruck bringt. Eine christliche Musik dagegen müßte die Spannung zwischen der Unerlöstheit der Welt und der Verheißung der Erlösung in sich manifestieren. Wir leben in einer Welt der Finsternis, in die uns das Licht der Erlösung hineinleichtet, die ganze Erlösung verheißend. Die Musik verlangte so nach einer Dysharmonie! Durch das Kreuz Christi sind wir erlöst, aber eben nicht im Geiste der Liebesromanschriftstellerin Hedwig Courths Mahler: „In Liebe erlöst“. Gottes Liebe motiviert seinen Erlösungswillen, aber durch das Kreuz ereignet sich erst unsere Erlösung.
Christliche Musik ohne das Kreuz Christi wirkt dann eben, selbst wenn von seinem Kreuze gesungen wird, irgendwie immer etwas süßlich- schmalzig, so als wenn eine Süßspeise zu verzuckert ist und schon nach kurzem ein Unwohlsein hervorruft: Zuckerwattenmusik eben!
Aber ich muß einräumen: Sehr überzeugend ist das noch nicht, es sind halt nur erste dürftige Vorüberlegungen in dem statu nascendi!
Wie schwer dies Problem ist? Dies Experiment empfhle ich: Man höre sich Gustav Mahlers 5,Symphonie an, ein wunderschönes Musikwerk, sicher eines der schönsten auf Erden, man darf dann auch an Nietzsche denken: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“, und stelle sich dann die Frage: „Was ist der Gehalt dieser Musik?“
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