Samstag, 20. Dezember 2025

„Heut ist uns der Heiland geboren“ - wieso, vor 2025 Jahren war er uns doch geboren worden? Eine Kritik

Heut ist uns der Heiland geboren“ - wieso, vor 2025 Jahren war er uns doch geboren worden? Eine Kritik



Für das historische Bewußtsein ist das eine klare Angelegenheit: In der Christmesse erinnert die Liturgie an das Faktum, daß Jesus Christus vor x Jahren geboren worden ist, in diesem Jahr also vor 2025 Jahren. Man frägt sich dann, welche Bedeutung dies Ereignis nun für uns Heutigen hat und findet dafür auch mehr oder weniger überzeugende und mitzustimmbare Aussagen. In diesem Gottesdienst wird so dies vergangene Ereignis veraktualisiert. Es bedarf keiner prophetischen Begabung, um vorauszusagen, daß das Eintreten für die Menschenrechte und der Kampf gegen die Umweltverschmutzung und gegen Rechts das Zentrum der Weihnachtsbotschaft bilden wird, eventuell noch ergänzt um den Appell, daß wir alle, besonders die kleinen Leute den Gürtel enger zu schnallen haben, da wir über unsere Verhältnisse gelebt haben.

Nur, warum wird es dann auch dieses Jahr wieder heißen: „Heut ist uns der Heiland geboren“? Auch eine noch so intensive Erinnerung an das vor 2025 Jahren geschehene Ereignis, auch wenn es uns ganz plastisch durch ein Krippenspiel veranschaulicht wird, macht aus dem einst Geschehenem kein jetzt sich Ereignendes.

Die Liturgie setzt ein ganz anderes Zeitverständnis voraus als das historische, das ein Nacheinander von unendlich vielen Zeitpunkten sich vorstellt, in dem die Gegenwart der Nullzeitpunkt ist, vor dem die ganze Vergangenheit sich als eine unendliche Strecke von Zeitpunkten erstreckt und nach dem die Serie der vielen, vielleicht unendlich vielen zukünftigen Zeitpunkte sich ausstreckt. Die Alternative ist der Kreis, in dem die Zeitunkte auf dem Radius des Kreises platziert den liturgischen Jahreskreis bilden. Wie nach jedem Frühling der Sommer, dann der Herbst und dann der Winter und dann wieder der Frühling kommt, so kreist auch das liturgische Kirchenjahr: Immer wieder wird uns am 24 Dezember der Sohn Gottes geboren, der dann immer wieder im Fest der Himmelfahrt Jesu in den im Himmel auffährt.Jeder Punkt auf diesem Kreis der Zeit ist so ein Jetzt, der sich Jahr für Jahr wiederholt als das Jetzt, jetzt in wenigen Tagen als das Jetzt der Geburt des Heilandes.

Das hisrorische Zeitverständnis ist das der unendlichen Ausdehnung in die tiefste Vergangenheit rückschauend und in die fernste Zukunft vorausschauend. Das liturgische Zeitverständnis dagegen ist ein zyklisches, das des ewigen Kreislaufes. Das zyklische ist ein zutiefst mythologisches. In der Religion ist der Ort dieses mythologisch- zyklischen Zeitverständnis das im Kult präsentische. Wenn der Kult nicht mehr zyklisch- mythologisch verstanden wird, mutiert der Kult zu einer Erinnerungsveranstaltung an einst geschehene Ereignisse, sodaß die Notwendigkeit sich ergibt, sie zu veraktualisieren, das ist, daß man aufzeigt, daß das Vergangene eine Aktualität für uns Jetzige habe. Aber der Kult ist keine vergangenheitsorientierte Veranstaltung mit der Aufgabe der Veraktualisierung, Das „Heut ist uns“ durchbricht dieses historische Zeitverständnis.

Nun steht die christliche Religion vor einem eigentümhchen Problem: Weihnachten, Karfreitag, Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingten sind reale Ereignisse in der Geschichte, örtlich und zeitlich bestimmbar. Mythische Ereignisse besitzen ihren Ort nur in ihrer Positionierung auf dem Kreis und verfügen auch nur über eine relative Zeitverortbarkeit: Nach dem Weihnachtsfest folgt der Kafreitg, darauf Ostern....aber es sind keine Ereignisse in Raum und Zeit der chronologischen Zeit.

Durch und in dem Kult werden also einmalig sich ereignet habende Geschehen in zyklisch sich stets wiederholende transformiert. Ohne diese Transformation wäre die christliche Religion keine Religion, aber wenn all diese Ereignisse von Jesu Christi Geburt bis zu seiner Hi,mmelfahrt keine realen Ereigniss in der chronologischen Zeit gewesen wären, dann löste sich die christliche Religion in einen zeitlosen raumlosen Mythos auf.

Das „Heut ist uns der Heiland geboren“ ist also das Produkt einer Synthese aus dem chronologischen und dem zyklischen Zeitverständnis, das in dem historisch datierbaren Ereignis fußt und es liturgisch kultisch aufhebt im „Heut“ . Der christliche Kult ist so wirklich etwas Außergewöhnliches, daa aber immer der Gefahr ausgesetzt ist, durch ein rein historisch chronologisches destruiert zu werden.



 

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