Leben wir in der Endzeit? Steht der „Antichrist“ schon vor unserer Türe?
Eine Frage muß hier als erste gestellt werden: Warum ist Jesus Christus, sitzend zur Rechten Gottes, seines allmächtigen Vaters nicht schon längst wiedergekommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Der Apostelfürst Paulus nimmt in seinem 1.Thessa-lonicherbrief eine brennende Sorge wohl nicht nur dieser Gemeinde auf: Wir erwarten baldigst die Wiederkunft Jesu Christi in Herrlichkeit, aber was ist nun mit den Gemeindemitgliedern, die vor Jesu Wiederkunft schon verstorben sind. Sind sie gar ob ihres Versterbens vom endgültigen Heile ausgeschlossen? (4,13-18) Paulus respondiert: „Wir,die Lebenden,die noch übrig sind, wenn der Herr kommt, werden den Verstorbenen nichts voraushaben.“ (V 15).
Paulus rechnet hier noch damit, daß er und die jetzt Lebenden den Tag der Wiederkehr Jesu Christi noch erleben werden, daß aber die schon Verstorbenen ihnen, den Lebenden gegenüber nicht dann irgendwie benachteiligt werden. Jetzt schreiben wir das Jahr 2022 und immer noch nicht ist der Herr wiedergekommen in seiner Herrlichkeit. Was hielt bis jetzt die eigentlich schon längst sich ereignen haben sollende Wiederkehr Jesu Christi ab?
Diese Questio erörtert Paulus nun selbst in seinem 2. Brief an die Thessalonicher (2,1-12).Carl Schmitt (Der Nomos der Erde) erfaßt kongenial den Kerngedanken des Apostelfürsten:
„Ich glaube an den Katechon, er ist für mich die einzige Möglichkeit, als Christ Geschichte zu verstehen und sinnvoll zu finden.“ (zitiert nach: Lichtmesz, Kann nur ein Gott uns retten?, 2017, S.193.) Ergänzend fügt Schmitt hinzu: „Man muß für jede Epoche der letzten 1948 Jahre den Katechon nennen können. Der Platz war niemals unbesetzt, sonst wären wir nicht mehr vorhanden.“ (S.193) Paulus schreibt, daß es eine Kraft gibt, die den Antichrist zurückhält, aber dieser muß kommen, bevor dann Christus kommen wird, um dann die Lebenden und Toten zu richten. Der Tag des Herrn sei so noch nicht gekommen, weil dieser Aufhalter das Erscheinen des Antichrist verhindert und somit auch die Wiederkehr Christi. Dieser Katechon ist so der Grund dafür, daß zwischen Jesu ersten Kommen und seinem zweiten eine Geschichte sich ereignen konnte, die nun schon fast 2000 Jahre wärt.
Paulus schreibt dazu: „Ihr wißt auch,was ihn jetzt noch zurückhält, damit er zur festgesetzten Zeit offenbar wird“, (V 6), ihn den „Sohn des Verderbens“, den „Widersacher“. Der Begriff der festgesetzten Zeit ist nun mehrdeutig, könnte er doch einen fixierten Zeitpunkt benennen oder: Wenn die Bedingungen a, b,... erfüllt sind.
Für Tertullian war 150-220 circa der Römische Kaiser dieser Aufhalter (S.191), das Römische Imperium. Aber wer hielt und hält bis jetzt als Katechon den endzeitlichen Antichrist zurück?
Meine These dazu: Gott gab den ersten Menschen, Adam und Eva einen Auftrag: Vermehret Euch und machet Euch die Welt untertan und seiner Kirche den Auftrag zur Weltmission. Könnte da nicht geurteilt werden, daß der endzeitliche Antichrist erst kommen wird, wenn diese göttlichen Aufträge erfüllt sind, damit dann durch den Antichrist die Qualität der dann erfüllten Aufgaben geprüft wird- etwa vergleichbar einem Autofahrlehrer, der dann erst die Führerscheinpraxisprüfung ansetzt, wenn der Prüfling das Autofahren hinreichend gelernt haben wird.
Der endzeitliche Antichrist ist noch nicht erschienen, ja weder die Menschheit noch die Katholische Kirche haben schon ihre Aufgaben erfüllt. Deshalb könnte diese Nochnichterfüllung der Katechon sein, der den Antichrist noch aufhält schon seit fast 2000 Jahren.
Was wir realiter erleben ist, wenn es denn eine Endzeit ist, der Untergang der abendländischen Kultur (Oswald Spengler), dieser Untergang ist aber nicht einfach identisch mit dem Ende der Kirche und schon gar nicht der Anfang des eschatologischen Endgerichtes Gottes über diese seine Welt. Der Eintritt der Postmoderne signalisiert wirklich den Tod des großen Projektes der Aufklärung und der Moderne, aber das Absterben dieses Projektes ist nicht schon der Anfang des göttlichen Endgerichtes. Denn,um es mit Zarah Leander zu sagen: Davon geht die Welt nicht unter, denn sie wird ja noch gebraucht!- daß hier noch unsere Hausaufgaben zu machen sind.
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