Donnerstag, 3. März 2022

Zurück in den „Kalten Krieg“ – oder wenn das politische Denken auch bei Christen aufhört

Zurück in den „Kalten Krieg“ – oder wenn das politische Denken auch bei Christen aufhört



In einem Leitartikel von Herrn Ahrens: „Verratende Konservative“ in der Tagespost vom 1.3.2022 lesen wir diese Charakterisierung des russischen Staatschefes Putin: Putin sei ein „Gewaltherrscher, ein „Auftragsmörder“ und ein „Kleptokrat“. Wo es nun die Aufgabe eines Kommentares wäre, die Ereignisse zu begreifen, wird nur polemisiert. Deutschland hat sich unter einer Rot-Grünen Regierung an 2 Angriffskriegen beteiligt, den gegen Jugoslawien und den gegen Afghanistan. Warum werden die dafür politisch Verantwortlichen nicht ähnlich charakterisiert?

Denn der selbsternannte Hüter von Familie, Heimat und orthodoxem Christentum hat mit dem rücksichtlosen Überfall auf sein Nachbarland und der Absicht, dieses „Brudervolk“ von der Landkarte zu tilgen, eindrücklich bewiesen, dass ihn eben solche Werte, die mit obengenannten Begriffen normalerweise verbunden sind, überhaupt nicht interessieren.“

Es gibt keine einzige Äußerung russischer Politiker, die auch nur im entferntesten diese „Interpretation“ der Ziele dieser jetzigen Militäraktion als das der Austilgung der Ukraine zuließe. Nötig wäre es stattdessen gewesen, die genannten Kriegsziele zu diskutieren, sicher kritisch, statt so wüste Behauptungen über die Kriegsziele aufzustellen. Es ist doch befremdlich, daß der Angriffskrieg gegen Jugoslawien völkerrechtlich und moralisch legitim gewesen sein soll, weil hier die westlichen Militärmächte zum Schutz der Albaner gegen die sie bedrängenden Serben intervenierten und so den Vielvölkerstaat Jugoslawien zerschlugen, weil in ihm die Serben die albanische Minderheit diskriminiere , während nun die Intervention Rußlands zugunsten der russischen Minderheit in der Ukraine unmoralisch sei. Daß die zwei russischen Volksrepubliken als von der Ukraine miltärisch bedrängte, Rußland um eine militärische Hilfe baten, soll nun unmoralisch und völkerrechtswidrig sein. Es sei nun an die prominente ukrainische Politikerin Timanschenko erinnert, die sagte: Ukraine2014 – das Timoschenko-Video, deutsche Übersetzung. ”Scheiße, wir müssen die Waffen in die Hände nehmen und diese verdammten Russen abschlachten zusammen mit ihrem Anführer.” Daß sie die Russen mit Atombomben ausrotten wolle, dementiere sie dann aber als eine Falschmeldung. Ist es wirklich völlig unmoralisch, angesichts solcher Ausrottungsdrohungen, daß Putin den zwei russischen Republiken zur Hilfe kam? Völkerrechtlich ist diese Militärhilfe wohl nicht akzeptabel, denn diese 2 Volksrepubliken werden weltweit nur von Rußland und m.W.Serbien anerkannt. Nur ist aus russischer Sicht sie von zwei von ihr anerkannten Staaten um eine Militärintervention gebeten worden zum Schutze der in ihr lebenden Russen vor ukrainischen Übergriffen.

Einen vergleichbaren Fall stellt die ebenso vom Westen verurteilte russische Intervention in Afghanistan dar, als die dortige Linksregierung Rußland um eine Militärhilfe gegen die sie bekämpfenden islamistischen Talibankämpfer anforderte. Die USA unterstützen damals noch die Talibankämpfer als antikommunistische Kraft. Aber diese amerikanische Unterstützung war natürlich für die westliche Presse moralisch legitim und so wurde auch die Niederlage der „Roten Armee“ gegen die Talibans als Sieg der Freiheit gefeiert. Daß diese Talibankämpfer nun aber die westlichen Besatzungsmächte aus ihrem Land vertrieben haben, das war nun aber ein „Sieg“ schlimmster Fundamentalisten.

Genauso gravierend ist es, daß die ganze Vorgeschichte dieser russischen Militäraktion mit keinem Wort erwähnt wird, daß die Nato Rußland 1990 versprach, daß die Ausdehnung der Nato nach Osten mit der Eingliederung der DDR ihr Ende fände, näher wolle man die Nato nicht an Rußland heranführen um der Sicherheitsinteressen Rußlands willen. Aber an diese Zusage hielt sich die Nato selbst nicht sondern nahm ein Ostblockland nach dem anderen auf, sodaß die Nato immer näher an Rußland kam. Der einstige Sicherheitspuffer Rußlands gegen einen direkten Angriff des Westens auf ihn ward so aufgelöst. Jetzt drohte aus russischer Sicht die Aufnahme der Ukraine in die Nato. Man schaue mal in ein Geschichtsbuch, wie oft sein Napoleon Rußland vom Westen her angegriffen worden ist! Daß die Nato nicht nur ein Verteidigungsbündnis sondern auch ein potentielles Angriffsbündnis war und ist, daß jetzt Rußland zu ihren Hauptfeind erklärt, ist offenkundig. Der jetzige US-Präsident verurteilte ja schon in seinem Wahlkampf die zu lasche Haltung Trumps gegen Rußland, und erstrebe so einen konfrontativen Kurs.

Wenn der SPD-Kanzler Brandt als ein Architekt der Entspannungspolitik in die Geschichtsbücher eingegangen ist, so wird der jetzige SPD-Kanzler als der Rückführer in den „Kalten Krieg“ zu stehen kommen, der mit dem Exkanzler Schröder den letzten Anhänger der deutschen Entspannungspolitik perhorresziert. Ganz in dem Tonfall des „Kalten Krieges“ ist nun auch dieser Leitartikel verfaßt.

Nur ein Problem sieht der Leitartikel noch: Putin genoß und genießt immer noch in christlich – conservativen Kreisen Sympathien. Galt er doch als „Hüter von Familie, Heimat und orthodoxem Christentum“. Das soll er nun also nicht mehr sein. 2 Gründe führt er dazu an: Angeblich lasse sich Putin vom Philosophen Dugin inspirieren, und der sei ganz antichristlich. Nur gibt es keinen einzigen Beleg dafür, daß die russische Regierung sich von diesem Philosophen beraten läßt. Der erste Grund soll nun aber der sein, daß diese Militäraktion nicht vereinbar sein sollen mit den Werten der Familie, der Heimat und des orthodoxen Christentumes. Warum protestiert dann die Russisch Orthodoxe Kirche nicht gegen Putins Politik? Dafür gibt es nun eine ganz einfache Erklärung: Sie bejaht die Intervention als Schutzmaßnahme für die russischen Republiken und isb der dortigen russisch orthodoxen Christen. Daß Putin in dieser Causa möglicherweise gegen das Völkerrecht verstoßen hat, ist wohl anzunehmen, da diese 2 Volksrepubliken völkerrechtlich nicht berechtigt gewesen waren, Rußland um einen militärischen Beistand zu bitten, aber daß er patriotisch agiert, kann nicht bestritten werden, denn a) geht es um die gefährdete russische Bevölkerung in der Ukraine und b) wohl darum,eine Gefährdung der Sicherheit Rußlands durch einen Beitritt der Ukraine in die Nato zu verhindern.

Wenn man nach Politikern suchen möchte, deren Politik nicht mit „Patriotismus, frommen Christentum, noch dem Schutz des Lebens und der Familie“ vereinbar ist, dann braucht man aber nicht ins ferne Rußland zu reisen, denn von solchen Politikern wird Deutschland schon lange regiert. Der Kanzler Adenauer erwiß sich ja schon als Antipatriot, als er Stalins Offerte im Jahre 1953, Deutschland könne sich reunionieren , wenn es sich außenpolitisch als neutral erkläre, ablehnte. Diesem Kanzler war die Westintegration und die Subordination unter die USA wichtiger als die Freiheit und Einheit Deutschlands.

Prinzipieller muß aber auch gesagt werden, daß das Handeln von Staatsmännern moralisch anders zu beurteilen ist als das von Privatpersonen. Zur Veranschaulichung: Wenn ein Vater den Mord an seinem Kind rächt, indem er den Mörder erschießt, ist das ein Blutracheakt und moralisch zu verurteilen. Wenn dagegen der Mörder in einem Gerichtsverfahren zum Tode durch Erschießen verurteilt wird, und er dann exekutiert wird, ist der Hinrichter moralisch nicht zu verurteilen. Es muß eben konstatiert werden, daß ein Staat prinzipiell ein Recht auf eine Kriegsführung hat, wenn es für diesen Krieg legitime Gründe gibt. Ob in diesem Falle solche vorliegen, das wäre genauestens zu überprüfen gewesen. Nicht ist schon ein Krieg an sich ein Verbrechen. So werden ja in der Regel die Militäraktionen des Staates Israel zum Schutz gegen seine vielen Feinde nicht in den Westmedien pauschal verurteilt, auch wenn in ihnen das israelische Militär hart zuschlägt.

Israels wie auch Rußlands Politik ist so gesehen conservativ, weil es frei von allen Friedensutopismen realistisch auch den Krieg als ultima ratio der Politik bejaht. Ob nun in diesem Falle eine nichtmilitärische Lösung besser gewesen wäre, dafür spricht allerdings Vieles. Patriotisch gesinnte Politiker können eben auch falsche Entscheidungen treffen, ohne daß sie deshalb zu unmoralischen Monstern mutieren.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen