Freitag, 18. März 2022

Über die Destruktionskraft der Ideologie des Liberalismus

(auch ein Beitrag zur Geschichte der Destruktion der Kirche und der Geschlechter)



Jeder hat das Recht,liberal zu sein,aber niemand hat das Recht dazu, etwas anderes als liberal zu sein.“ So erfaßt Alexander Dugin in : „Das grosse Erwachen gegen den Great Reset“ den absolutistischen Herrschaftsanspruch dieser Ideologie. (2021, S.18). So wie der Traditionalist Levebvre („Sie stießen ihn vom Thron) rekonstruiert Dugin den Anfang dieser Ideologie in der Philosophie des Nominalismus, von „Occam bis hin zu Soros und Biden“. (S.9)

Der Nominalismus ist nun eine Konzeption des erkenntnistheortischen Diskurses. Es geht um das Verhältnis des Denkens zu der Wirklichkeit, ob das Denken die Wirklichkeiten wirklich begreifen kann. Da sprachlich gedacht wird, kapriziert sich der Nominalismus auf das Verhältnis der Sprache zur Wirklichkeit: Kommen Abstraktbegriffen wie: Volk, Gattung, Staat....eine Realität zu, daß es also in der Wirklichkeit das von diesen Begriffen Bezeichnete gibt, oder gibt es nur die Einzeldinge, den einzelnen Menschen, einen bestimmten Staat … und sind so die Abstrakta nur verallgemeinernde Abstraktionen, denen selbst nichts Wirkliches entspricht. Es gäbe nur Einzelmenschen, aber nicht den Menschen, das Menschsein. Deutlicher wird das Anliegen dieser Philosophie, wenn man es als Bestreitung alles Wesenshafte versteht: Es gibt nicht das Wesen des Mannes, der Frau,der Religion, des Staates.... sondern nur Einzeletwasse. Da Gruppen von Einzeletwassen ähnliche Eigenschaften aufweisen, alle Menschen haben ihnen ähnliche Eigenschaften, ist der so Abstraktbegriff des Menschen gebildet worden, aber es gibt das Wesen des Menschen nicht. In Konkurrenz dazu steht der Realismus, der den Abstraktbegriffen eine Realität zuschreibt: Ein Mensch ist ein Fall, ein Exempel des Menschseins. Oder platonischer formuliert: Jeder Mensch ist eine individuierte Realisation der Idee des Menschseins, seine Idee ist sein Wesen.

Es existieren nur die Einzeletwasse, der Existenz geht so keine Essenz voraus: Dem individuellen Lebensentwurf einer Frau geht so nicht die Natur der Frau, ihr Wesen voraus, sondern was man unter dem Wesen der Frau, ihrer Natur versteht, seien nur gesellschaftliche Konstruktionen, eben Begriffe, die keiner Wirklichkeit entsprechen. Es sei nur von der vorfindlichen Ähnlichkeit der Lebensentwürfe der Frau ihr Wesen konstruiert worden, das nun dekonstruiert werden müsse, damit im Geiste des Liberalismus jede Frau sich selbst entwerfen könne als freigewähltes Projekt ohne eine sie limitierende Vorgabe durch das Konstrukt der Natur der Frau.

Dieses Beispiel soll nun die von Dugin behauptete Destruktionskraft des Nominalismus zu veranschaulichen. „Der >Nominalismus bereitete den Boden für den zukünftigen Liberalismus sowohl in ideologischer als auch in ökonomischer Hinsicht.“ (S.8) So ist es eben kein Zufall, daß einer der bedeutendsten Philosophen des politischen Liberalismus Popper zu den gefährlichsten Feinden des Ideales der „offenen“ sprich liberal verfaßten Gesellschaft die realistischen Philosophien Platons und Hegels zählt, ganz im Geiste des Nominalismus. Daß es nur das Einzeletwas gibt, bildet eben das Fundament der Ideologie des Liberalismus und seiner Praxis, des Kapitalismus. „Der Sinn der Geschichte und des Fortschrittes lag fortan darin, das Individuum von allen Formen der kollektiven Identität zu befreien“. (S.10) Denn kollektive Identitäten sind ja nur durch blutleere Abstraktionen gewonnene Vorstellungen, Begriffe, denen keine Wirklichkeit zukommt. Das ärgste an ihnen ist dabei, daß sie den Individuen ihrer Freiheit berauben, völlig willkürlich ihr je eigenes Leben zu gestalten, weil die Individuen so kollektiven Identitäten unterworfen werden: ein Mann, ein Deutscher habe so wie ein Mann, ein Deutscher zu sein und zu leben.

Die erste Stufe des Siegeszuges des Liberalismus, den auf dem Nomialismus fußenden sieht Dugin in der Reformation: „Die erste Stufe bestand in der Einführung des Nominalismus in das Reich der Religion. Die kollektive Identität der Kirche, so wie sie vom Katholizismus verstanden wurde (und mehr noch von der Orthodoxie),wurde von den Protestanten durch Individuen ersetzt, die von da an die Heilige Schrift auf der alleinigen Grundlage ihres Verstandes interpretierte und somit jede Tradition zurückweisen konnten.“ (S.9) „Die Kirche als der >mystische Körper Christi wurde zerstört und durch Freizeitvereine ersetzt, die durch das freie Einverständnis von unten geschaffen wurden.“ (S.9)

Das ist eine vortreffliche Skizzierung der objektiven Wirkung der Reformation und ihrer Wandlung durch den Protestantismus, die reformatorische Theologie aufklärungskompatibel umzugestalten. Es kann im Geiste nominalistischen Denkens nur je rein individuelle Beziehungen des Menschen zu Gott geben und natürlich auch nur ein jeweils individuelles Lesen und Verstehen der Bibel. Alles Gemeinschaftliche ist ja eigentlich als etwas Kollektivistisches ein Feind der Individualität.

Der Siegeszug des Liberalismus schreitete dann fort bis zum heutigen Tage, auch wenn er jetzt noch auf eine starke Gegnerschaft stößt: Rußland und China, die islamische Welt und in seinem eigenen Herrschaftsbereich, den oppositionellen Strömungen des Popularismus. Der Globalismus ist so die Gestalt, in der die Ideologie des Liberalismus die Weltherrschaft erstrebt als globalisierter Kapitalismus, als Auflösung aller Nationalkulturen, ja selbst der Geschlechteridentitäten (Genderismus). Es darf ergänzt werden: Zum Siegeszug des Liberalismus gehört auch die Auflösung der Identität der Katholischen Kirche durch ihre Vereinerleiung mit allen anderen Religionen.

Der so von allen kollektiven Identitäten emanzipierte Mensch ist dann das Idealobjekt eines alles beherrschenden Welteinheitsstaates.



 

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