Klarstellungen: Vom Pazifismus zur Liebe zum Krieg (oder der friedliche Westen)
Wer sich eine Strecke vorstellt mit dem linken Endpunkt des Pazifismus und dem rechten mit dem Standpunkt, daß um des Kriegsführens willen man schon Kriegsgründe (er)finden kann (so etwa Nietzsche), den muß das Faktum doch sehr irritieren, daß das Friedensbewegungsorgan, die „TAZ“, einst gar linksradical gestartet jetzt zu einem der lautstärksten Kriegszeitungen sich gemausert hat, daß die Partei der Öko-und Friedensbewegung nun nicht nur ernsthaft weitere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke erwägt, sondern in der Regierungskoalition den Vorkämpfer für eine aggressive Außenpolitik gegen Rußland spielt.
Als Alternativmodell zur Erklärung dieses radicalen Positionswechsel bietet sich nun das Hufeisenmodell an, daß die Extreme wieder dicht beieinander liegen, sodaß der Weg von einem zum anderen Extrem kurz ist. Beiden Extremen wohnt ja auch etwas Unpolitisches inne, da der Einsicht von Clausewitz über den Primat der Politik so nicht genüge getan wird, daß eben der Krieg ein Mittel der Politik ist. Es könnte von einer unpolitischen Haltung zum Kriege gesprochen werden.
So ließt sich das jetzt in der einstigen Zeitung der Friedensbewegung: TAZ: „Sanktionen gegen Rußland“ : Der Westen wird den Wirtschaftskrieg gegen Rußland gewinnen.“ (30.7.2022) Klar und in erfrischender Aufrichtigkeit wird hier ausgesagt, daß es um einen Krieg gegen Rußland geht. Diesen will und wird der Westen gewinnen. Offenkundig identifiziert sich die einst friedensbewegte TAZ total mit den Kriegszielen des Westens, den Feind, Rußland zu besiegen. Ist das überhaupt ein politisches Ziel? Seit der sog. Entspannungspolitik galt doch das Konzept des friedlichen Miteinanders des Westens mit den Staaten des Ostblockes. Rußland galt nur noch als ideologischer Konkurrent, wobei dann stets das damalige Pflichtprogramm des Systemvergleiches zu dem Ergebnis kam, daß bei uns im Westen alles viel besser sei.
Das ist jetzt eine plusquamperfektische Vergangenheit, denn seit dem Endsieg des freien Westens über den Sozialismus 1989f gibt es ja nur noch den Kapitalismus als alternativloses System. Die einstigen Ostbockstaaten verwestlichten sich, auch wenn ein paar sich dabei als störrig erwiesen, wie etwa Ungarn und Polen,aber der Westen stand plötzlich ohne Feind dar. Brach so eine Epoche des Friedens an, eine Zeit der Verabschiedung vom politischen Mittel des Krieges?
Diese Frage respondiert uns nun die TAZ: „Damit ist das entscheidende Wort gefallen: „langfristig“. Der Westen wird den Wirtschaftskrieg gegen den Kreml gewinnen, aber eben nicht sofort. Sanktionen können die Waffen nicht ersetzen, die die Ukraine jetzt so dringend braucht. Denn momentan ist Russland noch autark, wenn es darum geht, Krieg zu führen. Das Land besitzt Nahrungsmittel, Öl und Waffen.“
Der freie Westen kann und wird diesen Krieg gegen Rußland gewinnen durch die Kombination des Militärkrieges der Ukraine gegen Rußland und dem Wirtschaftskrieg des Westens gegen Rußland. Wie ist nun aber Rußland wieder zu dem Feind geworden, den es zu besiegen gilt? Der ideologische Konflikt zwischen den sich sozialistisch verstehenden Staaten und denen des freien Westens ist ja nun beendet durch den Sieg des Westens.
Nach der Auflösung des sozialistischen Lagers blieben 2 Großmächte bestehen, neben der USA Rußland und stärker werdend China und eine arabische Welt, die sich zusehens vom Westen absetzt in ihrer Rückbesinnung auf den das Westliche verwerfenden Islam.
Meine These lautet nun: Der Westen versteht sich selbst als die einzig legitime Kulturstufe in der Entwickelung der Menschheit zur Freiheit und will so alle anderen sich unterwerfen, sie gleichschalten. So eröffnete der Westen den Krieg gegen die arabisch-nichtwestliche Welt durch den Aniterrorkrieg, das erste Opfer wurde Afghanistan und der Irak, die Regierung Libyens gestürzt und versucht, in Syrien eine prowestliche Regierung zu installieren, was bis jetzt noch nicht gelang.Parallel dazu betrieb die Nato ihre Ostexpansion, um seine Truppen direkt an den Westgrenzen Rußlands platzieren zu können. Die Ukraine sollte dabei als Frontstaat gegen Rußland aufgebaut werden.
Das Konzept der Globalisierung ist eben nicht ein rein humanitäres ökonomisches Unterfangen sondern hier geht es um die Weltbeherrschung. Die angloamerikanische Kultur soll die der Welt werden, die ganze Welt verwestlicht, damit sie so ausbeutbar wird für....ja für wen eigentlich? Dieser Globalisierungswille hat sicher nichts zu tuen mit den Interessen der Bürger der westlichen Gesellschaften, nichts mit den nationalen Interessen der Völker, aber doch gibt es diesen Willen zur Weltbeherrschung des westlichen Imperialismus, wie man es früher zu benennen pflegte.
Es gilt nun einfach zu konstatieren, daß sich viele, einst auch oppositionell sich zur Ideologie des Westens Verhaltende nun sich völlig mit dem Westen und seinem Weltherrschaftsanspruch identifizieren, daß sie so den Krieg gegen Rußland und die anderen Gegenmächte bejahen. So kann man, auch wenn man die Zeitungen nur oberflächlich überliest die Stimmungsmache gegen China nicht überhören. Als besonders effektiv erweist sich dabei die Menschenrechtspropaganda, daß der Westen seine Kriege doch nur für diese führe.
Aber wie kam es dazu, daß nun der Westen so viele gläubige Anhänger fand und findet, die für ihn nun das Kriegsbeil ausgraben? Auch im katholischen Bereich stößt diese Propaganda ja auf fruchtbarem Boden, man lese dazu nur mal die „Tagespost“ oder „kath net“! Daß die Deutschen Bischöfe der antirussischen Außenpolitik der jetzigen Regierung zustimmen und so auch alle Kontakte zur Russisch-Orthodoxen Kirche abbrechen, wird aber niemanden verblüffen.
„Wir haben wieder einen Feind!“, es ist, als wenn so mancher Zeitgenosse davon begeistert ist. Nach so langen Zeiten des Indifferentismus, der Kompromisse und des irgendwie ist alles erlaubt, erleben wir nun eine neue Epoche der Feindschaft. Innenpolitisch ist der Feind klar markiert, alles, was politisch inkorrekt und rechts ist und außenpolitisch Rußland und China, aber auch Ungarn und so manches andere unbotmäßige Land.
Aber ist dieses Ja zur Feindschaft, das eben in letzter Konsequenz auch ein Ja zum Kriege ist, nur ein propagiertes Mittel des Westens, die Weltherrschaft für sich zu erringen? Könnte es nicht auch so sein, daß im Westen manche Journaillienschreiber und mancher Leser des so lang währenden Friedens überdrüssig sich nach „Stahlgewittern“ (Ernst Jünger) sehnen, nach einer Welt, in der eben die einfach Guten gegen die Bösen kämpfen?
Und wir Deutsche? Unser Unglück, daß wir unsere geistige Heimat verloren, die wir weder zum Westen noch zum Osten gehören sondern in die Mitte durch die erste Westintegration nach 1945 und der zweiten jetzt nach 1989. Zu viele identifizieren sich so mit der angloamerikanischen Kultur samt ihrem Weltmachtstreben, dabei vergessend, daß wir nun schon in 2 Weltkriegen auch ein Opfer dieses Strebens geworden sind.
1. Zusatz
Das TAZzitat zeigt aber auch sehr deutlich, wie wenig es dem Westen um das Volk der Ukraine geht, es wird hier nur instrumentalisert für den Krieg gegen Rußland!
2. Zusatz:
"Kein Frieden ist von Dauer,solange Putin nicht verliert". Die schwedische Tageszeitung: Aftonbladed, zitiert nach: "Junge Welt" vom 3.8.2022, S.4
3.Zusatz:
Frau Wagenknecht schrieb: "Wiederinbetriebnahme der Kohlekraftwerke zeigt:Klimawandel war für Grüne gestern wichtig.Heute hat wahnsinniger Krieg gegen Russland für frühere Ökopartei Top-Priorität & sogar einzig vernünftige Konfliktlösung (Diplomatie/Verhandlungen wird abgelehnt." Zitiert nach "Junge Welt", 3.8.2022, S.4 Der dortige Artikel: "Die Linke zerlegt sich weiter" zeigt auf, wie sehr Kräfte in dieser einstigen ostdeutschen Partei sich das Narrativ vom guten Westen, der gegen die Sowjetunion und jetzt gegen Rußland sich zu stellen hat, zu eigen gemacht haben, vielleicht auch nur, um für die Grünen und Roten Bellizisten koalitionsfähig zu werden.
4.Zusatz
In der Politik, wie wohl in allem menschlichen Handeln gibt es die Vorderseite des rational-vernünftig- nützlichen Handelns und eine verborgene Seite des verdrängt Irrationalen. Für die Vorderseite ist der Krieg ein rational eingesetztes Mittel der Politik, im Hintergrund vitalisiert sich darin aber auch ein irrationaler Wille zum Kriege um des Krieges willen.
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