Über die Kernbotschaft des Pontifikates Papst Franziskus: „Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode“ (Shakespeare)
Auf der überhaupt sehr lesenswerten Internetseite: „Kath info“ erschien nun eine jetzt schon 4 Teile umfassende Studie über das Zentralanliegen des Papstes unter der Überschrift: „Ist Jorge Bergoglio ein Stratege“,der erste Teil am 20.8. und der vierte am 23.8. 2024. Auch wenn ich es nicht für angemessen halte, den jetzigen Papst mit seinem einstigen Privatnamen zu bezeichnen, so möchte ich doch alle 4 bisherig publizierten Artikel wärmstens zur Lektüre empfehlen. In dem ersten Artikel heißt es:„Nun denke ich, dass man im aktuellen Pontifikat ein solches Hauptmotiv identifizieren kann. Es ist die von mir geschilderte „universale natürliche Brüderlichkeit jenseits sekundärer religiöser Traditionen“. Besser kann das Zentralanliegen Papst Franziskus nicht auf den Punkt gebracht werden!
Hier soll nun nicht die in dieser Artikelserie dargelegte gediegene Rekonstruktion dieses Hauptmotives des jetzigen Pontifikates nachgezeichnet werden, sondern ergänzend eine anderer Rekonstruktionsversuch gewagt werden.
Meine These dazu lautet: Ohne einen Verweis auf die Wirkmächtigkeit der Fundamentalkritik der christlichen Religion als eine der Jenseitsvertröstung ist dies Hauptmotiv des jetzigen Papstes nicht verstehbar. Es muß an Heinrich Heines Ausspruch, den Himmel überlassen wir den Spatzen, wir wollen bei Zuckererbsen gut auf Erden leben, an Nietzsches Aufruf zur Treue zur Erde oder an die Polemik gegen den Opiumcharakter der christlichen Religion gedacht werden und daran, daß gerade die in Lateinamerika konstruierte Befreiungstheologie versuchte, darauf eine Antwort zu sein: Der Himmel wurde verdiesseitigt zum Projekt der Erschaffung einer gerechten humanen Welt und der jenseitige Himmel, wenn nicht einfach den Spatzen er überlassen wurde, nur noch als Appell vorkam, die Welt zu humanisieren.
Diese Entverjenseitigung der ursprünglichen Reich Gottes Verkündigung Jesu Christi, mein Reich ist nicht von dieser Welt, zeichnet diese Umformung als eine zum Projekt der Aufklärung und Moderne konstitutiv dazugehörendes aus. Was an Utopiegehalten die christliche Religion enthielt, soll nun nicht einfach religionskritisch negiert werden, sondern zur politischen Aufgabe des Menschen aufgehoben werden. Das Subjekt der Erwirkung des verdiesseitigten Reich Gottes konnte dann different bestimmt werden: der aufgeklärte Mensch, das revolutionäre Bürgertum, die Arbeiterklasse oder auch in Geheimgesellschaften sich organisierenden Illuminaten. Die Frage nach dem Subjekt der Welterlösung avancierte damit zur Zentralfrage der praktisch werden wollenden Aufklärung, nachdem Gott diese Aufgabe abgesprochen worden war im Namen des aufklärerischen Humanismus.
Meine zweite These lautet nun nach dem Scheitern des real existierenden Sozialismus mit seinem orthodoxen Marxismus kein Subjekt mehr erkennbar bzw konstruierbar ist im politischen Diskurs,das die Rolle dieses revolutionären Subjektes übernehmen könnte. Das macht ein Signum der Postmoderne aus, die Utopiegehalte sind erschöpft, Ernst Blochs Geist der Utopie, das Prinzip Hoffnung wirkt nur noch völlig antiquiiert. Papst Franziskus Hauptmotiv will nun eine Antwort auf diesen Subjektsverlust sein, indem nun die Gemeinschaft aller Religiösen das fehlende Subjekt des Projektes der Weltoptimierung ersetzen soll. Dazu müssen alle existierenden Religionen entkernt werden zu dem Imperativ der Aufgabe der Humanisierung der Welt. Alle religiösen und theologischen Differenzen müssen dafür entwertet und letztlich als gleichgültig beurteilt werden. Jesus Christus, als der Sohn Gottes und als der Stifter der christlichen Religion geglaubt, wäre für dies Konzept mehr als dysfunktional, verunmöglichte er als so Geglaubter eine Cooperation aller Religionen auf gleicher Augenhöhe.
Die Gemeinschaft aller Religionen hat so als den Adressaten und als das Ziel die „universale natürliche Brüderlichkeit jenseits sekundärer religiöser Traditionen.“
(In dem bekannten Lied: „Imagine“ von John Lennon wird dies Ziel musikalisch gelungen vorgestellt als eine Welt ohne Grenzen, Nationen und Religionen, als ein gobales Einerlei, in dem alle Differenzen verschwinden. Da das Ziel ein rein natürliches ist, erübrigt sich der gesamte Diskurs über Gottes Gnade und Wirken als die Erstursache, Gott fungiert dabei nur noch als ein Motivator des Erstrebens dieser neuen humanen Einheitswelt.In Anlehnung an Althusser könnte gesagt werden, daß Gott zum Aufruf zu reduziert wird,durch den nach diesem Philosophen das Subjekt konstituiert wird.
Meine dritte These lautet nun, daß der Papst in allen conservativen, traditionslistischen und fundamentalitischen Strömungen in jeder Religion den Hauptfeind seines Konstruktes der Gemeinschaft aller Gottgläubigen als das Subjekt der Weltoptimierung ansieht. Die nämlich behindern und verhindern gar die Entstehung dieses Weltveränderungssubjektes durch ihre Betonung der Differenzen zwischen den Religionen und der Intoleranz, daß nur die je ihrige die wahre Religion sei. Deshalb bekämpft der Papst auch die „Alte Messe“, sieht er in ihr doch die Manifestation eines solchen Christentumsverständnisses, als wäre sie die alleinig wahre Religion.
Meine vierte These lautet nun, daß der Papst in der Tradition der traditionellen Linken stehend in einer Spannung steht zum linksliberalen Spektrum der Katholischen Kirche, isb Deutschlands, da dort contrapoduktive Schwerpunkte gesetzt werden, die Fragen des kulturellen Lebens in den Vordergrund stellend und somit die relevanteren politischen vernachlässigend: Statt über Homosex, den Priesterzlibat und das Frauenpriestertum zu debattieren sollte die Kirche sozialpolitische und umweltpolitische Fragen in den Vordergrund stellen, auch um nicht die Vertreter der anderen Religionen, die noch nicht so liberal-fortschrittlich gesonnen sind, damit zu brüskieren und die erstrebte Einheit aller Religionen dadurch zu behindern.
Papst Franzikus Hauptmotiv ist also zu verstehen aus dem Scheitern der aufkärerisch-modernen Projektes der Humanisierung der Welt, da ihm das Subjekt der Weltveränderung abhanden gekommen ist und der Papst nun ein von ihm konstrutiviertes Subjekt in den Diskurs der Möglichkeit der Weltverbesserung einführen möchte. Er setzt dabei auf ein religiöses Subjekt, die Gemeinschaft aller Gottgläubigen, weil der säkulare politische Diskurs kein dazu noch befähigtes Subjekt mehr ausmachen kann.
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