„Der antichristliche Mensch setzt sich im Transhumanismus an Gottes Stelle“
So tönt Heinz-Lothar Barth in seinem Essay: „Die Gefährdung menschlicher Vernunft in Staat und Kirche, Teil III“, in Theologisches,Aug/Sep 2024, Sp.333.Mit diesem Alarmimus steht dieser Rufer in den Meer der Technikkritiker nicht allein. Aber man könnte doch, statt hier lautstark in diese Klagelitanei einzustimmen, sich von der hl.Schrift selbst in dieser Causa belehren lassen! Gott, der Schöpfer selbst gibt uns Menschen diesen Auftrag: „crescite et multiplicamini et replete terram et subicite eam.“ (1.Mose 1,28): Subjektiviert die Welt, das heißt: unterwerft sie euch! Wir Menschen sollen uns vermehren, die Welt anfüllen und sie dann auch beherrschen. Auch wenn manch Heutigem Heideggers Rede vom Menschen als dem Hüter des Seins besser gefällt, isb wenn man diese Aussage verkennt, als meinte dieser Philosoph, daß der Mensch der Gärtner der Natur zu sein habe, Gott selbst gibt uns einen ganz anderen Auftrag, nämlich den der Naturbeherrschung.
Die Stellung des Menschen in der Welt ist nun nach der Schöpfungserzählung eine zwiefache, denn in seiner Leiblichkeit gehört er der Natur an, aber nicht als Seele.denn von ihr lehrt die Kirche eindeutig: „daß nämlich die Seelen unmittelbar von Gott geschaffen werden,heißt uns der katholische Glaube festhalten.“ (Pius XII, Enzyklika Humani Generis, Denzinger-Hünermann, 40.Auflage Nr 3896) Der Leib gehört so zu den zu unterwerfenden Objekten, denn er gehört zur Erde als etwas aus ihm Entstandenes, wohingegen die Seele des Menschen unmittelbar von Gott ist. In der Seinshierarichie der Schöpfung sind so die Engel Gott ähnlicher, da sie wie Gott selbst rein geistig immateriell sind, wohingegen wir Menschen als ein Zusammengesetztes aus der Seele und dem Leib ob unser Seele Gott ähnlich, ob unserer Leiblichkeit Gott aber weniger ähnlich sind als die Engel. Wie Gott und seine Engel Heeren über die Erde, die Natur sind, so sollen auch wir Menschen als Seele die Natur beherrschen.
Nimmt man das „subicere“ ernst, erscheint die Schöpfung noch gar nicht als etwas vollkommen gut Geordnetes, denn dann ergäbe der Auftrag zur Beherrschung, zu einer Gestaltung keinen Sinn, es hätte stattdessen lauten müssen, daß wir Menschen uns in die Keosmosordnung einzufügen hätten. Aber das „Subjecere“ bedeutet ein nach uns ausgerichtetes Gestalten des uns Vorgegebenen. Gott gleicht hier eher einem Vater, der seinem Sohn einen großen Haufen Legosteine schenkt, damit er nun damit alles Mögliche erbauen kann. Es gibt nun keinen einsichtigen Grund, daß dies Beherschen und Gestalten nur auf die uns Menschen äußere Natur zu limitieren sei. Denn in seiner eigenen Leiblichkeit begegnet er ja selbst die Natur in sich selbst. Deshalb ist jede Morallehre immer auch eine Lehre von dem Wie der Beherschung der menschlichen Leiblichkeit. Der Dualität von Gott und Welt korrespondiert eben die von der Seele und dem Leibe.
Wer heute von der natürlichen Umwelt des Menschen spricht, mag naturromantisch gestimmt da an Wiesen und Wälder denken, an Frühlingsspaziergänge, aber faktisch ist uns die technich-künstliche Welt zur ersten Natur geworden, von der wir uns höchstens noch in Urlauben erholen. Der so geschmähte Transhumanismus ist deshalb nur die legitime Konsequenz des göttlichen Naturbeherrschungsauftrages. Er begreift nämlich die Natur als eine Aufgabe. Auch wenn es ungewohnt klingt: Frauen liegt diese Erkenntnis näher als Männern, denn welche Frau läßt sich schon an ihrer natürlichen Schönheit genügen, sodaß sie gar eine ganze Geheimwissenschaft erschufen, die der Kosmetik, um die natürliche Schönheit zu optimieren. Schon kleinen Mädchen bereitet es ein Vergnügen, ihre Fingernägl bunt zu machen! Schon in dieser einfachen Tätigkeit begreifen sie ihre Fingernägel als eine Gestaltungs-aufgabe und erfassen somit die Natur als das, was sie ist, als unsere Aufgabe.
Wenn kleine Kinder mit ihren Bauklötzchen dann Türme und Burgen erbauen, manches Bauwerk erweist sich als nicht sehr standhaft, es stürzt ein, aber das spornt unsere Jungarchitekten doch nur an, beim nächsten Bauen sorgfältiger zu bauen. Die ganze Menschheitsgeschichte ist so die Geschichte der Naturbeherrschung, des Willens, die Natur für uns zu gestalten.
Aber es muß nun die große Naturkastrophe mitbedacht werden: der Sündenfall. Wir leben nicht mehr in der Paradiesnatur sondern in der gefallenen Natur. Somit ist sie einfach nicht mehr die gute. Die vielen Krankheiten gibt es nur in der Folge des Sündenfalles der ersten zwei Eltern. Die Natur in ihrem Status als gefallene, das ist die reale Natur, die uns jetzt als unsere Gestaltungsaufgabe vorgegeben ist und in erster Linie ist das uns der zum Erkranken geneigte Leib. Das Todesschicksal, daß wir als erbsündliche Menschen zum Sterbenmüssen verurteilt sind, generiert auch die vielen Krankheiten als die Vorboten des Sterbenmüssens.Der Tod gehört also nicht zur guten Scöpfungsordnung Gottes und deshalb steht der Mensch auch in seinem Kampf wider die Vorboten des Todes, den Krankheiten. Das Konzept der Cyborgisierung des Menschen verspricht hier, nicht unrealistisch viele Siege über die Vulnerabilität des Menschen. Man denke nur an das Schicksal blind Geborener und der eventuellen Möglichkeit, durch künstliche Plantate Blinde heilen zu können. Unter dem Begriff der Cyborgisierung wird ja nichts anderes verstanden, als daß der Mensch Technisches nicht mehr nur äußerlich als etwas Zuhandenes benutzt, sondern sich incorporiert, damit er es so nutzt. Ein Herz, das nicht mehr aus sich heraus ordentlich schlägt, wird ein Herzschrittmacher beigefügt, damit so das Herz gut funktioniert.
Aber das soll nun etwas „Satanisches“ sein! Was macht denn dann die Differenz aus, zwischen dem der sich künstliche Augengläser aufsetzt, weil er ohne sie nicht mehr lesen kann und zukünftigen Seherkrankten, gar Erblindeten, denen eine künstliche Sehhilfe eingepflanzt wird, damit er so wieder sehen kann. Was sollte denn an künstlichen Transplantaten satanisch sein, wenn damit an Alsheimer Erkrankte wieder gesunden? Eine solche Technikperhorreszierung ist moraltheologisch angesichts des Leidens so vieler Erkrankter nicht rechtfertigbar. Es wird dabei nämlich der Auftrag Gottes zur Beherrschung der Natur vergessen und das viele Leid ob des Depraviertseins der Natur in der Folge des Sündenfalles.
Denn wenn man die Überschwenlichkeiten der Posthumanismus abstreift, reduziert sich dies Unternehmen doch darauf, die schwache menschliche Natur durch Technik aufzubessern. So hat eben das „Raubtier“ Mensch seine nicht optimale Beschaffenheit zur Jagd durch künstlich erstellte Waffen verbessert und machte sich so überlebensfähiger. Seine Neigung zum Erkranken bekämpft er durch die Medizin, in der er gerade künstlichen Mitteln so viel zu verdanken hat, auch der Fortschritte im Gebiet der Operationstechnik. Den Kampf darum, in der gefallenen Welt die Lebens- und auch ganz elementar die Überlebenschancen durch Technik zu verbessern, als satanistisch zu dysqualifizieren, ist mit dem Gebot der Nächstenliebe wahrlich nicht vereinbar.
Zusatz:
Der Ikarusmythos ist kein christlicher. Sehr hörenswert ist die Umdeutung dieses Mythos von den "Puhdys": "Ikarus".
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